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Was genau passiert eigentlich nach der Wahl?

Was genau passiert eigentlich nach der Wahl? – Von Tobias Kruger

 

Tobias Kruger.
Tobias Kruger.

Tobias Kruger
04.04.2011
Nach der Wahl ist vor der Wahl …
Der Pulverdampf hat sich verzogen. Sektkorken hier und tränengetränkte Taschentücher dort sind aufgekehrt und aberhunderte von Plakaten wurden im Altpapier beigesetzt. Der Wähler hat entschieden und bekanntlich ist 18:01 Uhr am Wahlsonntag zugleich nach und schon wieder vor der Wahl. Doch was passiert jetzt eigentlich nach der Wahl genau? Was machen die Rödermärker Kommunalpolitiker dieser Tage nachdem Sektlaune, Egohöhenflüge und Katerstimmung wieder dem Alltag gewichen sind? Zwar handeln und organisieren naturgemäß alle Parteien die Zeit nach der Wahl etwas unterschiedlich – im Großen und Ganzen passiert aber folgendes:
Konstanten
Durch die Stimmanteile bei der Wahl sind alte Mehrheiten verschwunden und neue Konstellationen denkbar. Nichts ist mehr wie es vor der Wahl war. Doch es gibt einige Konstanten, die das weitere Vorgehen der Kommunalpolitik wesentlich beeinflussen. So ist beispielsweise klar, dass die neue Stadtverordnetenversammlung der Stadt Rödermark am Montag, den 02. Mai 2011 zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammentritt. Daran gibt es nichts zu rütteln, denn der Gesetzgeber schreibt vor, in welchem Zeitrahmen nach der Wahl diese Konstituierung stattzufinden hat und was dabei inhaltlich zu geschehenhat. Dazu später mehr. Eine weitere Konstante hat der Wähler dahingehend geschaffen, dass der alte auch der neue Bürgermeister ist und Roland Kern heißt. Es ist demokratisch legitim dies gut zu finden – oder eben auch nicht. Die Meinung des Verfassers dieser Zeilen dazu dürfte wenig überraschen, aber gehört jetzt nicht hierher. Weitere Konstanten sind z.B. dass ein Magistrat gewählt werden muss, dass eine oder ein Stadtverordnetenvorsteher/-in gewählt werden muss und dass Rödermark für die neue fünfjährige Legislaturperiode eine „Regierung“ mit Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung braucht. Da keine Partei allein über eine absolute Mehrheit (20 Stimmen) verfügt, wird es unumgänglich sein, dass sich eine Koalition findet und bildet. Und genau diese Frage beschäftigt aktuell die Führungsriegen der Rödermärker Kommunalpolitik.
Denkbare Mehrheiten
Auf Basis des Wahlergebnisses vom 27.03. sind folgende Koalitionskonstellationen zum Erreichen der Mehrheit realistisch denkbar (nicht abschließend, Reihenfolge unsortiert und ohne Wertung):
„Regierung“ / Opposition
Parteien-Sitze / Parteien-Sitze
CDU + SPD=22 / AL/Grüne, FDP, FW=17
CDU + AL/Grüne=29 / SPD, FDP, FW=10
CDU + FDP + FW=20 / AL/Grüne, SPD=19
AL/Grüne + SPD + FDP=21 / CDU, FW=18
AL/Grüne + SPD + FW=21 / CDU, FDP=18
Weitere Konstellationen sind zwar denkbar (z.B. „Schwampel“ CDU-SPD-FDP oder „Jamaika“ CDU-AL/Grüne-FDP) aber aufgrund der Sitzverteilung eher unwahrscheinlich.
Sondierungsgespräche
Jede Partei wird in der Woche nach der Wahl im Rahmen einer Vorstandssitzung oder Mitgliederversammlung eine Wahlnachlese vorgenommen und zugleich ein Verhandlungsteam eingesetzt haben, welches nun die Sondierungsgespräche mit potentiellen Koalitionspartnern aufnimmt. Hier gibt es ein paar ungeschriebene Regeln. So lädt z.B. immer der größere Sondierungspartner den kleineren zum Gespräch und eröffnet auch die Runde. Auch ist es demokratischer Brauch, dass alle potentiellen Partner ergebnisoffen miteinander sprechen – unabhängig davon, wieviel Chancen der jeweiligen Konstellation intern eingräumt werden. Nachdem alle Parteien zuerst einmal alleine miteinander gesprochen haben wird sich nach parteiinterner Analyse der Sondierungsgespräche dahingehend festgelegt, welche Konstellation am sinnvollsten, verläßlichsten, stabilsten und inhaltlich trägfähigsten erscheint und – nicht zu vergessen – auch hinsichtlich der handelnden Personen erfolgversprechend erscheint. Dieser Weg wird dann zeitnah weiter beschritten. Entweder setzen sich gleich alle Beteiligten gemeinsam an den Verhandlungstisch oder es gibt nochmal eine kleine Runde separater Vorgespräche.
Koalitionsverhandlungen
Sobald klar ist in welche Richtung die Koalitionsreise geht, beginnen die Koalitionsverhandlungen. Hierbei geht es sowohl um Inhalte (wo herrscht Konsens, wo gibt es abweichende Positionen, welche Themenschwerpunkte werden für die kommenden Jahre gesetzt, was ist nicht verhandelbar und was wird als „no go“ ausgeklammert?), um strukturelle Fragen (wieviele Fachausschüsse soll es geben, wieviele Mitglieder im ehrenamtlichen Magistrat sitzen, eventuelle Korrekturen von Hauptsatzung und Geschäftsordnung) und natürlich auch um personelle Fragen (Stadtverordnetenvorsteher/-in, Ausschussvorsitze, Magistratsmitglieder, etc.). Am Ende dieser Verhandlungen steht dann der Koalitionsvertrag welcher i.d.R. nach Beschlussfassung durch die Mitgliederversammlungen der beteiligten Parteien durch Unterschrift der Parteivorsitzenden in Kraft tritt.
Konstituierende Sitzung
Am 02.05.2011 tritt sodann die neu gewählte Stadtverordnetenversammlung zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Da die neue Stadtverordnetenversammlung nach der Wahl noch keine/-n Vorsitzende/-n hat, lädt der Bürgermeister zur ersten Sitzung ein und eröffnet diese. Nach Eröffnung und Feststellung der Beschlussfähigkeit ermittelt der Bürgermeister „das an Jahren älteste Mitglied“ der Stadtverordnetenversammlung und übergibt die Sitzungsleitung dann an den „Alterspräsidenten“. Dieser leitet die Sitzung bis zur Wahl der/des Vorsitzenden der Stadtverodnetenversammlung welche nun unmittelbar ansteht. Nachdem die Personalvorschläge aus der Mitte der Versammlung vorgetragen wurden, beginnt die eigentliche Wahl. Diese kann offen durch Akklamation stattfinden, was aber i.d.R. nicht passiert. Verlangt nur ein Mitglieder der Stadtverodnetenversammlung geheime Wahl, so muss mittels Stimmzettel geheim gewählt werden. Erst mit dieser Wahl und der Annahme der Wahl durch die/den neu gewählte/-n Vorsitzenden hat sich die Stadtverordnetenversammlung konstituiert. Nach Feststellung des Wahlergebnisses und dessen Annahme durch die/den gewählte/-n übergibt der „Alterspräsident“ die Sitzungsleitung an die oder den neuen Stadtverodnetenvorsteher/-in. Danach werden die Stellvertreter der/des Vorsitzenden gewählt sowie die Schriftführer der Stadtverordnetenversammlung. Letztes werden in aller Regel immer städtische Mitarbeiter und traditionell ist erster Schriftführer und rechte Hand der/des Vorsitzenden immer der Hauptamtsleiter. Danach gilt es, weitere Formalia abzuarbeiten. Es müssen Fachausschüsse gebildet (nur der Haut- und Finanzausschuss wird von der Gemeindeordnung gefordert – Zahl und Zuschnitt weiterer Ausschüsse obliegt allein der Stadtverordnetenversammlung), die Hauptsatzung eventuell geändert und über die Gültigkeit der Kommunalwahl Beschluss gefasst werden. Letzter wichtiger Punkt ist die Wahl und danach Einführung und Verpflichtung der ehrenamtlichen Stadträte. Sachanträge sind zwar zulässig aber unüblich im Rahmen der konstituierenden Sitzung. Die Sacharbeit beginnt in aller Regel nach der konstituierenden Sitzung und Klärung aller wesentlichen organisatorischen und personellen Fragen.
Tobias Kruger
Greifswalder Str. 3
04.04.2011
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Gestaltungssatzung … Teil 2

Gestaltungssatzung … Teil 2. Von Dr. Rüdiger Werner

 

Dr. Rüdiger Werner
Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
27.01.2011
Warum der Umgang mit der Gestaltungssatzung eine Abkehr vom bisherigen politischen System bedeutet
Heute Abend war ich Zeuge einer öffentlichen Sondersitzung des Ausschusses mit dem Kürzel BUS&I, der als einzigen Tagesordnungspunkt eine Anhörung zur Gestaltungssatzung mit Bürgerbeteiligung hatte. Nach den Aufregungen im Vorfeld waren meine Erwartungen einigermaßen hoch, ich hatte eine heftige Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern erwartet, hatte die Diskussion über das eine oder andere Detail erwartet – und war dann sehr verblüfft, als es nach nicht einmal 90 Minuten hieß: Hiermit schließe ich die Sitzung. Das soll es gewesen sein?
Erfreulich war, dass so viele interessierte Bürger den Weg in die Kulturhalle gefunden haben. Ich schätze, es werden um die 250 gewesen sein. Enttäuschend war, dass es außer dem chronologischen Ablauf des Verfahrens, erläutert von Frau Becht und Bürgermeister Kern, und einer halb offiziellen, halb persönlichen Stellungnahme von Architekt Siegbert Huther nur 3 oder 4 Fragen oder Meinungen aus dem Publikum gab, darunter eine niveaulose Totalkritik von Stadtrat Weber und einige Nachfragen vom Mitinitiator der Interessensgemeinschaft Ortskern Arno Mieth. Die Aussagen sowohl von Bürgermeister Kern als auch von Frau Becht, dass Anträge oder Aussagen von 42 der 45 Stadtverordneten vorliegen, den Beschluss zur Gestaltungssatzung aufzuheben, dass die Satzung somit vom Tisch ist und darum auch nicht über ‚ja’ oder ‚nein’ und schon gar nicht über das ‚wie’ diskutiert werden muss, hat wohl vielen den Wind aus den Segeln genommen.
Einig waren sich Verwaltung und Politik, dass verbindliche Vorgaben die Empfehlungen des Magistrates zu Bauvorhaben im Ortskern erheblich erleichtern würden und dass man jetzt mit dem erwachten öffentlichen Interesse gemeinsam mit den interessierten Bürgern nach Lösungen suchen will, wie man dieses Ziel erreichen kann. Da frage ich mich: Warum jetzt erst? Was ist den in den vergangenen 2 ½ Jahren passiert? Genau das war doch die Intension der Antragssteller, als vor 2 ½ Jahren der Antrag gestellt wurde, eine Gestaltungssatzung zu entwickeln. Ich weiß hier genau, wovon ich spreche, denn ich gehörte quasi zu den Antragstellern. Genau deshalb hieß es im Punkt 4 des Antrages: „eine Anhörung zu dem Thema ‚Gestaltungssatzung für die Ortsmitte Ober-Roden’ im Rahmen einer Sondersitzung des zuständigen Fachausschuss „BUS&I“ durchzuführen. Ziel dieser Anhörung ist neben der frühzeitigen und vollumfänglichen Einbindung der Bevölkerung die Erläuterung der sachlichen und rechtlichen Bedeutung einer Gestaltungssatzung. Über die Besetzung des Podiums sowie die weiteren Details zur Anhörung ist im Ältestenrat zu beraten und entscheiden“. „Frühzeitig und vollumfänglich“! Wir (zumindest ich) haben uns das damals so vorgestellt: Der Planer macht sich erste Gedanken, einen Vorentwurf, dann gibt es – sagen wir nach 4 bis 6 Monaten – die Bürgerinformationsveranstaltung: was sind die Ziele der Politik, welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es diese Ziele zu erreichen, was ist eine Gestaltungssatzung, wie könnte diese im Detail aussehen? Dann beginnt – gemeinsam mit dem Planer und den interessierten Bürger – die inhaltliche Diskussion: Was muss unbedingt verbindlich festgelegt werden, für was soll es eine Richtlinie geben und welche Details sollen jedem Hausbesitzer komplett freigestellt werden. Auf dieser gemeinsamen Basis hin entwickelt der Planer dann eine Gestaltungssatzung, die von der Stadtverordnetenversammlung nochmals abschließend diskutiert und verabschiedet wird.
Die Veranstaltung heute kam folglich viel zu spät, das Kind war längst in den Brunnen gefallen. Und mal ehrlich: die Einsetzung einer Ortskernkommission ist nicht das, was ich unter ‚vollumfänglich’ verstehe. Diese Gremium ist in meinen Augen nur optional, als Hilfsorgan, zu sehen.
Und was macht die Politik jetzt? Sie will von vorne anfangen! „Wir sind jetzt am Anfang, jetzt gehen wir in die Diskussion, mal sehen, was am Ende herauskommen wird“. Warum hat man denn heute nicht mit der inhaltlichen Diskussion angefangen? Das ganze Verfahren wurde beendet, bevor sich die von den Bürgern gewählten Personen auch nur ein einziges Mal inhaltlich mit der Materie auseinander gesetzt haben. Ein bisher einmaliger Vorgang! Zweieinhalb Jahre Vorarbeit und ein mittlerer fünfstelliger Betrag für die Katz! Aber wir haben es ja… Jetzt soll neu angefangen werden. Vielleicht steht am Ende ein Stadtleitbild-Prozess wie in Heusenstamm. In meinen Augen sehr zielführend, aber bei weitem nicht umsonst zu haben. Also noch mal Geld in die Hand nehmen.
„Mehr Bürgerbeteiligung“ ist so ein Slogan, den sich alle Parteien ins Profil geschrieben haben. Im Prinzip ja auch nichts Schlechtes, aber haben wir hier wirklich die Kultur dazu? Ich sage: nur bedingt! Das Ansehen der politischen Klasse in Deutschland ist extrem schlecht, daher passiert nur selten, dass sich Bürger gemeinsam mit der Politik engagieren. In der Regel engagieren sie sich dagegen. „Politik ist mir egal, aber wehe, die beschließen etwas, was mir nicht passt, dann gibt es von mir projektbezogenen Protest“. Das ist die typische Haltung. Destruktiv, keine Alternativvorschläge, Hauptsache dagegen.
Es gibt auch andere, lobenswerte Beispiele. Immer da, wo es Bürger gibt, die sich wirklich engagieren, die ein Fachwissen ansammeln, dass der normale Kommunalpolitiker gar nicht haben kann, auf das er dann bei seinen Entscheidungen aber gerne zurückgreift. Zu nennen sind hier zum Beispiel die „Bürger für Sicherheit in Rödermark“, der Seniorenbeirat und aktuell die Zukunftswerkstatt Breidert. Aber auch hier stößt die Politik schnell an Grenzen. Wie definiert sich ein Sachverständiger? Wo endet der Null-Acht-Fünfzehn-Bürger, wo beginnt der Experte, dem man zuhört? Wem gewährt man Rederecht, wem nicht? Das ist definitiv wirklich kein einfaches Problem. So werden – weil man sich ja als Politiker absichern möchte – oft lieber teure externe Gutachten eingekauft als das Gespräch mit sachkundigen Bürgern gesucht, von denen man eine oft bessere Expertise ganz umsonst bekommen hätte.
Ein Rechtstaat braucht Regeln. Und zu den Regeln gehört auch, dass das Volk Vertreter aus seiner Mitte wählt, die dann – stellvertretend für alle – Entscheidungen treffen. Die Alternative dazu wären Volksentscheide oder Bürgerentscheide. Dazu haben wir in Deutschland aber nicht die richtige politische Kultur. In der Schweiz z.B. wird ganz anders diskutiert, das Volk weiß, dass es viele Dinge direkt entscheiden kann und ist sich der Verantwortung auch bewusst. Entsprechend hoch ist das Diskussionsniveau und die Beteiligung. Das sehe ich bei uns nicht so. Die Bürger befassen sich in der Regel erst mit einem Thema, wenn es sie persönlich tangiert. Alles andere ist erst einmal egal. Wie hoch würde wohl die Wahlbeteiligung in Urberach sein, wenn es einen Bürgerentscheid über die Gestaltungssatzung für den Ortskern Ober-Roden gäbe? Vielleicht 6 %? (wobei 5 % wahrscheinlich nur mitgemacht und mit ‚ja’ gestimmt hätten, um den Ober-Rödern eins auszuwischen). Die Stimmen der Hauptbetroffenen würden massiv übergewichtet, es wäre kein Bürgerentscheid, sondern ein Entscheid weniger Bürger, es wäre also ein Interessenentscheid, leicht manipulierbar. Wenn bei einer Abstimmung über eine neue Hochspannungsleitung nur diejenigen zur Wahl gehen, die als direkte Anlieger ein Interesse daran haben, dass die Leitung nicht gebaut wird, dann ist mathematisch halt eine relative Mehrheit dagegen, es wird nicht gebaut und 10 Jahre später merken die Nichtwähler von damals: „Oh, Scheiße, aus der Steckdose kommt ja gar kein Strom mehr, seit das nächstgelegene AKW abgeschaltet wurde. Wenn es SO kommt, ist in Deutschland keine Entwicklung mehr möglich. Gar keine! Keine einzige neue Straße, keine Bahnlinie, kein Neubaugebiet, keine Genforschung, keine Nanotechnologie, nichts mehr. Die Leute, die sich über Stuttgart 21 oder jetzt im kleinen Stil über Ober-Roden freuen, sollten sich darüber im Klaren sein.
Dann kommen unsere Autos in 25 Jahren aus Burkina Faso und Deutschland spielt keine Rolle mehr.
Wichtiger als direkte Bürgerbeteiligung ist in meinen Augen daher ein völlig transparenter Entscheidungsprozess und Bürgerinformation. Zusätzlich sollte jeder interessierte Bürger die Möglichkeit haben, sich im definierten Rahmen in den Meinungsfindungsprozess einzubringen. Entscheiden darf er nicht. Dabei gibt es für jeden Bürger einen ganz einfachen Weg der direkten Bürgerbeteiligung: er kann sich in die Arbeit einer politischen Partei einbringen! (Zugegeben: bei der heimischen CDU ist das manchmal etwas schwierig, aber es gibt ja glücklicherweise Alternativen). Nochmal: Die Stadtverordneten sind die vom Bürger gewählten Vertreter, die stellvertretend für ihn entscheiden. Und wenn diese Stadtverordneten einstimmig die Erstellung einer Gestaltungssatzung beschließen, dann ist das auch kein leichtfertiger, unüberdachter Beschluss, sondern ein Beschluss, der ein eindeutiges Ziel zum Wohle der Stadt hat. Selbstverständlich muss noch über den Inhalt diskutiert werden, wie anfangs gesagt vor allem mit den betroffenen Bürgern, aber das ‚ob überhaupt’ sollte nicht mehr in Frage gestellt werden. Daher bin auch so entsetzt darüber, dass die Mehrheit der Volksvertreter so schnell und ohne Not aufgrund des lautstarken Protestes einiger weniger Bürger (im Vergleich zur Gesamtbevölkerung) ihren eigenen Beschluss einkassiert hat. Das halte ich für populistisch. Denn alle Argumente sprechen weiterhin für eine Gestaltungssatzung. Warum hat man nicht ruhig dargestellt: wir haben die Einführung einer Satzung beschlossen, daran halten wir fest. Aber WAS da drin steht, das diskutieren wir jetzt gemeinsam und in Ruhe, bis wir einen gemeinsamen Nenner gefunden haben. Das wäre eine konsequente Lösung der verfahrenen Situation gewesen.
So sehe ich für die Zukunft schwarz: Welchen Handlungsspielraum hat Politik noch, wenn sie beim kleinsten Gegenwind einen Rückzieher macht? Das Thema Gestaltungssatzung und der heutige Abend hat die Politik verändert.
Dr. Rüdiger Werner
Marienstraße 19
27. Januar 2011
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Waldacker … vergessener Stadtteil?

Waldacker – vergessener Stadtteil. Von Dr. Rüdiger Werner

 

Dr. Rüdiger Werner
Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
11.05.2011
Warum ich heute einen Blog über Waldacker schreibe? Weil die FDP in Waldacker mit 10 % der Stimmen ein sehr gutes Ergebnis geholt hat und dies für uns eine große Verpflichtung gegenüber dem Wähler darstellt. Und weil sich auf dem politischen Parkett in unserer Stadt sonst kaum jemand groß mit Waldacker beschäftigt.
Obwohl mit zuletzt 2.845 Einwohnern über ein Zehntel der Bewohner Rödermarks in Waldacker zu Hause sind, wird der Stadtteil von der Politik eher stiefmütterlich behandelt. Ein unliebsames Anhängsel. Daher wird es Zeit, dass sich mal jemand Gedanken macht, was man im drittgrößten Rödermärker Stadtteil verbessern könnte. Wer weitere als die im folgenden aufgeführten Ideen hat oder sogar schon konkrete, umsetzbare Pläne besitzt, der möge sich bitte bei mir melden oder eine unserer offenen Fraktionssitzungen (Termine siehe Homepage) besuchen. Über Feedback aus der Bevölkerung sind wir immer dankbar.
Waldacker in der Politik
Waldacker war in den letzten Jahren zweimal auf der politischen Agenda. Einmal als es darum ging, der verdichtenden Bebauung Einhalt zu gebieten und gemeinsam mit der Bevölkerung der restriktivste Bebauungsplan im Rödermärker Stadtgebiet entwickelt und rechtskräftig wurde. Und in den letzten 5 Jahren wurde das Thema „Neugestaltung der Hauptstraße Waldacker“ intensiv diskutiert.
Das erste Thema führt zwar bei einigen betroffenen Bürgern immer wieder zu Nachverhandlungsbedarf, allerdings ist bei keiner Partei oder Gruppierung eine erneute Änderung des Bebauungsplans zurzeit ein Thema. Die getroffenen Vereinbarungen werden noch viele Jahre Bestand haben.
Das 2. Thema könnte allerdings noch einmal für Diskussionsstoff sorgen.
Hauptstraße Waldacker – Vorgeschichte
Ich möchte jetzt nicht noch einmal das ganze Verfahren zur Hauptstraße aufrollen, sondern nur ein paar wenige Fakten ins Gedächtnis rufen. Die ursprüngliche, vom Planungsbüro vkt vorgeschlagene Neugestaltungsvariante wurde von der Bevölkerung abgelehnt. Über 1300 Unterschriften gegen diese Lösung wurden gesammelt – mehr als die Hälfte der wahlberechtigten Einwohner sprachen sich dagegen aus. Die Bürgermeisterpartei AL/Grüne hat sich bis zum Schluss für die Ursprungsvariante ausgesprochen – obwohl entscheidende Punkte davon (einseitiger Zweirichtungsfahrradweg mit vielen Kreuzungspunkten) von den Verkehrsplanern in den aktuellen Richtlinien als nicht mehr zeitgemäß abgelehnt werden. Ginge als nach Stefan Gerl und Parteifreunden, würden 3 Buscaps gebaut, die Mehrzweck(Park)streifen wegfallen und die Radfahrer auf ihrem Zweirichtungsfahrradweg unnötigen Gefahren ausgesetzt. Die FDP hat sich von Anfang an für eine bürgernahe, praktikablere Lösung ausgesprochen. Gegen den erbitterten Widerstand von AL/Grüne und SPD hat die damalige CDU/FDP-Koalition im Herbst 2009 eine Konsenslösung beschlossen, die zusammen mit der BI Hauptstraße Waldacker unter maßgeblicher Mitwirkung der FDP erarbeitet wurde.
Thema Hauptstraße nochmal auf der Tagesordnung?
Warum dieses Thema jetzt noch einmal auf die Tagesordnung kommt? Weil mit der beschlossenen Maßnahme noch nicht begonnen wurde. Weil noch keine Fakten geschaffen wurden. Weil bei den Sondierungsgesprächen nach den Wahlen entsprechende Signale anderer Parteien gekommen sind. Die FDP hat bei allen Gesprächen gleich am Beginn gesagt: eine Änderung der Beschlusslage der Neugestaltung Hauptstraße Waldacker kommt mit uns nicht infrage. Das ist ein Ausschusskriterium. Das erste, was AL/Grüne gemacht haben, ist, an den Rändern dieses Beschlusses zu kratzen: ob wir uns nicht doch eine 3. Haltestelle in Waldacker-Nord in Form eines Buscaps vorstellen könnten. Ein deutliches Zeichen, dass unsere Befürchtungen, die wir auch mit einem Flugblatt kurz vor der Wahl zum Ausdruck gebracht haben, wahr werden könnten.
Die CDU hat in den Gesprächen mit uns klar zum Ausdruck gebracht, dass sie zu diesem Beschluss steht. Doch 2 der 3 damaligen Wortführer in Sachen Hauptstraße Waldacker in der CDU bilden mittlerweile die FDP-Fraktion und Josef Fluck ist nicht mehr in das Stadtparlament gewählt worden. Und es gab in der CDU durchaus Waldacker-kritische Stimmen. Viele Fraktionsmitglieder schienen durch das Thema sehr genervt, so dass wiederholt sehr derbe Sprüche vielen: „das gallische Dorf an der Gemarkungsgrenze“, „An Dietzenbach verscherbeln“, „Ausgliedern“. Ich fand und finde das völlig geschmacklos, unwürdig und diskriminierend. Und es zeigt, dass es mit dem neuen Partner durchaus nicht selbstverständlich ist, dass die CDU bei ihrem Beschluss bleibt. Man kann nur hoffen, dass die Sache bei diesem Thema wichtiger bleibt als die Politik drumherum. Es geht auch um die Glaubwürdigkeit der CDU.
Keine politische Lobby
Das Thema zeigt aber auch, dass Waldacker eine politische Lobby fehlt. Nach meinem Kenntnisstand ist Gerhard Schickel von der AL der einzige Vertreter Waldackers in der Stadtverordnetenversammlung. Kein Wunder, dass sich Waldacker besonders oft und intensiv außerparteilich organisiert.
Während in den politischen Gremien und auch in den Programmen der Parteien oft von der Entwicklung der Ortszentren von Ober-Roden und Urberach gesprochen wird, von Handel und Gewerbe, von Kinderbetreuung und Wohnen im Alter, ist Waldacker bei diesen Themen immer außen vor. Muss das so sein?
Ich möchte im folgenden einmal ein paar Anregungen geben und Möglichkeiten aufzeigen, was ich mir für Waldacker vorstellen kann bzw. was die Gemeinde eigentlich machen müsste.
Verkehr
Verkehr in Waldacker ist vor allem motorisierter Individualverkehr. Die Gründe hierfür beschreibe ich unter dem Punkt Infrastruktur. Gerade in den oft extrem engen Seitenstraßen ist ein räumliches Nebeneinander der Verkehrsteilnehmer kaum möglich. Während anderswo Kinder auf den Straßen spielen können, gibt es diese Möglichkeiten in den meist zugeparkten Nebenstraßen Waldackers nur selten. Im Kontrast dazu existiert eine im Südteil sehr breite Hauptstraße, die den gesamten Fernverkehr aufnimmt. Die jetzige Gestaltung ist zwar zweckmäßig – und es gibt durchaus einige Stimmen, die am Status Quo gar nichts ändern wollen – aber in vielen Bereichen aus meiner Sicht doch suboptimal. Daher hoffen wir sehr, dass es noch 2011 zur Umsetzung der gemeinsam mit den Bewohnern gefundenen Konsenslösung kommt. Barrierefreie Bushaltestellen sind heute Standard und Querungshilfen am nördlichen Ortseingang und in Höhe der Talstraße erleichtern für Fußgänger und Radfahrer die Straßenquerung und bremsen die Geschwindigkeit. Ein befestigter Fußweg zwischen Talstraße und Kappenwald war längst überfällig und farbig gekennzeichnete Radstreifen sorgen für mehr Sicherheit. Ich hätte am südlichen Ortseingang an der Einmündung der Wingertstraße gerne einen Kreisel gehabt, habe hier aber kein Gehör gefunden. Wenn die Hauptstraße nach den vorliegenden Beschlüssen neugestaltet wird, ist das eine deutliche Verbesserung für Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV bei geringstmöglicher Beeinträchtigung des motorisierten Individualverkehrs.
Der Zustand vieler Nebenstraßen ist eher schlecht. Hier wird in den kommenden Jahren erheblicher Sanierungsbedarf auflaufen. Bei leeren Kassen muss man aufpassen, dass Waldacker bei den Straßensanierungen nicht über Jahre hinweg leer ausgeht, was die Attraktivität des Stadtteils weiter verschlechtern würde. Für mich und meine Parteikollegen sind Straßensanierungen keine Streichposten. Wo heute noch eine neue Asphaltdecke genügen würde, muss in 5 Jahren grundhaft saniert werden, was die Maßnahme weiter verteuert. Man kann sich über die Art der Finanzierung unterhalten aber nicht über die Notwendigkeit von Straßensanierung im Generellen.
Stadtentwicklung
Waldacker grenzt im Norden, Osten und Westen direkt an Wald, im Süden an Landschaftsschutzgebiete, an die auch überregional bedeutende Heide und an eine ehemalige Mülldeponie. Selbst wenn der Bedarf ersichtlich wäre, eine Erweiterung der Siedlungsfläche ist nach Bebauung der letzten Areale in der Lerchenstraße und der Wingertstraße kaum noch möglich. Das ist auch der Grund, warum sich Waldacker in den letzten 30 Jahren sehr stark nach innen verdichtete. Mit dem jetzt gültigen Bebauungsplan ist auch dem weitestgehend ein Riegel vorgeschoben. Im Gegensatz zu anderen Stadtteilen verfügt Waldacker auch über keine signifikanten Baulücken mehr. Die fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten vor Ort sorgen für eine hohe Fluktuation auf dem Wohnungs- und Häusermarkt.
Während auch ich in Waldacker bei abnehmender Bevölkerungszahl keinen weiteren Wohnungsbaubedarf sehe, engen die äußeren Gegebenheiten auch die Möglichkeiten für öffentliche Baumaßnahmen, z.B. im Betreuungs- oder Freizeitbereich, stark ein. Daher ist meine Position und die der FDP in diesem Punkt (und das betrifft auch andere Stadtteile) klar: Wenn es einen öffentlichen Bedarf für bestimmte Einrichtungen gibt (den ich im Bereich Kinderbetreuung und Kinder/Jugend/Freizeit sehe), dann muss die Kommune in diesen Sonderfällen auch bereit sein, durch Änderung der Bebauungspläne und gegebenenfalls Flächenausweisungen Möglichkeiten zu schaffen, diesen Bedarf zu bedienen.
Infrastruktur
In Waldacker gibt es eine Tankstelle, einen Schlecker, 2 Bäcker, eine Poststation, einen Friseur, einen Tierarzt, eine Tierheilpraktik, eine Krankengymnastik, 2 Kosmetikstudios, eine Bank und 4 Gaststätten/Imbissstationen. Wenn ich etwas vergessen habe, ist das ein Versehen. Das ist für den täglichen Bedarf zu wenig. Waldacker ist – und das hat es mit Rodgau-Rollwald und Dietzenbach-Hexenberg gemein – eindeutig eine Schlafstadt, die Bewohner sind auf das Auto zur Besorgung der täglichen Dinge angewiesen. Sportvereine, medizinische Versorgung, Schule, Freizeit – nichts ist vor Ort erhältlich. Daran wird sich objektiv betrachtet auch in Zukunft nichts ändern. Daher ist es auch von Seiten der AL unverantwortlich, den Individualverkehr gerade in Waldacker zugunsten des ÖPNV zu gängeln. Möglichkeiten für die Politik, aktiv für eine bessere Infrastruktur zu sorgen, gibt es kaum. Waldacker bietet weder gute wirtschaftliche Voraussetzungen für mehr Geschäfte noch bietet es geeignete räumliche Voraussetzungen (fehlende Geschäftshäuser). Wenn jeder lieber in Märktezentren auf der grünen Wiese einkauft anstatt in inhabergeführten Geschäften in den Ortsmitten, ist das ein gesellschaftliches Entwicklung, die die Kommunalpolitik eigentlich nicht beeinflussen kann. Mit dem Bürgerhaus hat die Politik für ein Stadtteilzentrum, für öffentliche Räume auch in Waldacker gesorgt, mehr ist in meinen Augen nicht machbar.
Kinderbetreuung
In Waldacker gibt es eine Kindertagesstätte (mit der kleinsten Freifläche aller Rödermärker Kitas) und zwei Kinderspielplätze (Am Kappenwald, Verlängerung Am Lerchenberg). Während die Kindertagesstätte bei sinkenden Kinderzahlen noch Kapazitäten frei hat, fehlt eine Kleinkindbetreuung in Waldacker völlig, keine Einrichtung ist fußläufig erreichbar. Bei 20–30 Kindern pro Jahrgang ist ein Bedarf von etwa 25 Plätzen leicht erkennbar. Die FDP fordert daher bei weiterem Ausbau der Kleinkindbetreuung dringend, einen Standort in Waldacker zu realisieren, entweder durch einen städtischen Neubau oder bevorzugt dadurch, dass privaten Betreibern ein Standort in Waldacker schmackhaft gemacht wird.
Senioren
Mit einigen Veranstaltungen im Bürgerhaus hat Waldacker eine geeignete Anlaufstelle für Senioren. Das Angebot für aktive Senioren kann sicherlich ausgebaut werden, aber hier ist weniger die Politik gefordert, sondern vor allem Eigeninitiative und ehrenamtliches Engagement. Da auch die heute schon recht alte Bevölkerung Waldackers in Zukunft weiter altern wird, muss natürlich auch über seniorengerechte Wohnformen in Waldacker nachgedacht werden. Mangels geeigneter Standorte und fehlender Infrastruktur (Ärzte, Apotheken, Einkaufsmöglichkeiten, Parkanlagen in der Nähe) eignet sich Waldacker nicht besonders für ein Seniorenwohnprojekt. Da der Einzug in ein Seniorenwohnprojekt immer mit einem Umzug verbunden ist, ist ein Standort nahe dem bisherigen Wohnumfeld auch kein zwingendes Kriterium. Daher wird sich die FDP bei der Suche nach weiteren Standorten für Seniorenwohnheime, Pflegeheime, Betreutes Wohnen, Mehrgenerationenhäuser, die in unseren Augen in den kommenden Jahren dringend notwendig sind, auf Urberach und Ober-Roden konzentrieren. Besonders auch den Senioren kommen die neuen Querungshilfen bei der Umgestaltung der Hauptstraße sowie die von der FDP geforderten Verbesserungen im Freizeitbereich zu gute.
Kinder und Jugendliche
Einige Kinder Waldackers haben die längsten Wege aller Rödermärker Kinder bis zum nächsten Kinderspielplatz zurückzulegen und müssen dabei auch noch die meistbefahrendste Straße Rödermarks überqueren. Zwar haben alle Kinder den Wald als Spielplatz quasi vor der Haustür, doch was vor 30 Jahren noch selbstverständlich war, ist heute eine große Ausnahme. Kaum ein Kind darf oder will den Abenteuerspielplatz Wald nutzen. Die FDP fordert daher eine neue Freizeitkonzeption für Rödermark. Gerade auch in Waldacker muss es für Kinder wohnungsnahe Örtlichkeiten geben, die zum Treffen, Spielen, Erleben einladen. Für Kinder und Jugendliche gibt es in Waldacker keine öffentlichen Plätze, wo man sich Treffen kann, wo man rumhängen kann, sich austauschen kann. 2 Spielplätze und ein Bolzplatz in Randlagen sind dazu nicht ausreichend. Durch den engen Straßenzuschnitt gibt es keine Bänke, Parkanlagen oder ähnliches. Für Kinder ist Waldacker denkbar ungeeignet. Betreuung vor dem Kindergarten – anderer Ortsteil mit Taxi Mama. Schule – anderer Ortsteil mit Schulbus. Sport oder Musik in der Freizeit (außer Tennis) – anderer Ortsteil mit Bus oder Taxi Mama. Jugendtreff, Kino, Freizeitmöglichkeiten – nichts ist vor Ort. Da die Häuserpreise in Waldacker (vielleicht auch aus diesem Grund) billiger sind als in den anderen Stadtteilen, ziehen dennoch etliche junge Familien nach Waldacker. Daher darf auch die Politik das Thema „Kinder- und Jugendfreundliches Waldacker“ nicht völlig aus den Augen verlieren. Ein „naturnaher Spielraum“ am Waldrand Tannenweg oder hinter der Drosselstraße – warum nicht darüber nachdenken. Ein privat betriebener Klettergarten hintern Kappenwald – warum nicht hierfür Investoren suchen. Mehr Bänke und Plätze zum Verweilen und Treffen im Stadtgebiet – auch in Waldacker sollten sich dafür Standorte finden. Die Kinderwaldstadt, ein ungeschliffenes Juwel – legalisieren, modernisieren, aufwerten, öffnen.
Freizeit
Das zuletzt gesagte leitet über zum Thema Freizeit. Der Wert von Waldacker liegt vor allem in seiner naturnahen Umgebung. Von 3 Seiten von Wald umgeben, mit Obstwiesen, der Heide, dem Berngrundsee sowie dem Versickerungssee der ehemaligen Kläranlage hat Waldacker einige ökologische Juwele vor der Haustüre. Dazu den 50. Breitengrad und viele Spazierwege – für Naturliebhaber, Erholungssuchende, Spaziergänger und Hundebesitzer ist Waldacker unter diesem Aspekt sicherlich ein guter Platz zum Leben. Doch auch hier gibt es Potenzial nach oben. Die FDP wird sich weiterhin dafür einsetzen, den Eulerweg als Freizeitradweg bis zur Kreisquerverbindung auszubauen, inklusive Verbesserung der Querungssituation. Genau aufgrund dieser Querung sprechen sich Verkehrsämter und beteiligte Kommunen bisher gegen diese Lösung aus – man müsste ja investieren und die Höchstgeschwindigkeit auf der Kreisquerverbindung an dieser Stelle reduzieren. Das hat man an 3 anderen Stellen auch schon getan, das wäre aus unserer Sicht akzeptabel. Die vielen Radfahrer, die besonders an den Wochenenden an dieser Stelle ihre Räder über den Graben heben und dann über die Fahrbahn rennen, zeigen deutlich die überragende Bedeutung des verlängerten Eulerweges für den Freizeitradverkehr.
Warum nicht auch im Wald von Waldacker Nordic-Walking-Strecken (die natürlich auch von Joggern benutzt werden dürfen) besonders ausschildern? Warum nicht mit Schildern und Sitzgelegenheiten an den Rändern der Naturschönheiten auf diese aufmerksam machen? Gerade die Beschilderung der Waldwege muss auf den Prüfstand und würde für wenig Geld den Freizeitwert steigern. Ein positives Beispiel in dieser Richtung ist der ausgeschilderte Radweg rund um Rödermark.
Dr. Rüdiger Werner
Marienstr. 19
10.05.2011
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Haushalt – keine Aussicht auf Rettung?

Rödermarks Haushalt – keine Aussicht auf Rettung? Von Dr. Rüdiger Werner

 

Dr. Rüdiger Werner
Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
6.10.2011
Laut Bund der Steuerzahler Hessens hatte Rödermark Ende 2010 27,3 Mill. € Schulden und steht damit mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von etwas mehr als 1.000 € im Kommunalvergleich ganz gut da. Was bei dieser Rechnung nicht erwähnt wird, ist der 2. Finanzierungstopf, der in den letzten Jahren fast ausschließlich zur Finanzierung des Rödermärker Defizits herangezogen wurde: die Kassenkredite. Diese sind in etwa vergleichbar mit den Dispokrediten der normalen Bankkunden, d.h. es handelt sich um Kontoüberziehungs¬kredite zur Deckung der laufenden Kosten, zur Gewährung von Liquidität. Im Normalfall – in Rödermark z.B. zu Walter Faust’s Zeiten – kam man mit weniger als einem Monatsgehalt für die Angestellten aus, 200.000 DM Kassenkredite wurden mir zugetragen.
Kassenkredite
Der aktuelle Stand der Kassenkredite Rödermarks liegt bei 37 Mill. €, zusammengefasst kommt man also auf eine Schuldensumme von 64 Mill. €, was schon nicht mehr gut aussieht. Wie kommt das? Kommunen gelten bis zu einem gewissen Grad als gute Schuldner und bekommen daher von ihren Hausbanken (an denen sie oft auch beteiligt sind) sehr gute Konditionen, die im Allgemeinen in der Größenordnung des aktuellen Hauptrefinanzierungs-satzes der EZB liegt, d.h. im Moment bei rund 1,5 %. 2010 mussten für die Kassenkredite gar deutlich weniger als 1,0 % Zinsen bezahlt werden. Was in den letzten Jahren ein Glücksfall war, kann aber auch ganz schnell zur Falle werden. Steigt der Leitzins stark an, steigen auch die für die Kassenkredite fälligen Zinsen. Zu einem weiteren Problem komme ich später.
Ausgeglichener Haushalt war gestern
Jedes Jahr im Herbst läuft Kämmerer Alexander Sturm zur Hochform auf. Der Haushalt wird eingebracht und in eindringlichen Worten und Graphiken wird die ganze Misere der Rödermärker Finanzen beleuchtet. Die Probleme wurden erkannt und werden benannt, die Folgen in all ihrer Drastik dargestellt. Was fehlt sind Ideen, wie man der Katastrophe, auf die man unweigerlich zusteuert, noch entkommen kann. Ich möchte die Zahlen für 2012 kurz zusammenfassen: Einnahmen von 36,5 Mill. € stehen Ausgaben von 46 Mill. € gegenüber. Zieht man die Transferzahlungen ab (Anteile an Einkommens- und Umsatzsteuern + Zuweisungen bei den Einnahmen und Kreis-, Schul- und Gewerbesteuerumlagen bei den Ausgaben), sieht die Bilanz noch ernüchternder aus: Zur Finanzierung der städtischen Aufgaben werden 22,2 Mill. € benötigt (etwa 853 €/Einwohner), dem stehen aber nur Einnahmen in Höhe von 12,7 Mill. € gegenüber (etwa 487 €/Ew.). Es bleibt ein Defizit von rund 9,5 Mill. € übrig (etwa 366 €/Ew.). Es ist das 4. Jahr in Folge mit einem Defizit zwischen 8 und 10 Mill. € und was noch schlimmer ist: die Perspektive wird nicht besser, es zeichnen sich vielmehr weitere jährliche Kosten in Millionenhöhe ab. Ohne drastische Maßnahmen wird Rödermark laut Alexander Sturm schon im Jahr 2030 über 800 Millionen € Schulden haben, allein der Schuldendienst wird höher sein als die jährlichen Einnahmen.
Griechische Verhältnisse zwischen Bule und Hoabach?
Die Antwort lautet ganz klar: ja. Will Rödermark all seine gesetzlichen Verpflichtungen einhalten, gibt es keine Möglichkeit mehr, der Schuldenspirale zu entkommen. Man kann nicht eben mal die Ausgaben um 40 % kürzen oder die Einnahmen fast verdoppeln. In den letzten Jahren, in denen es Deutschland gefühlt gut ging, hat der Gesetzgeber diverse Standards angehoben, die man sich gerne leisten möchte, die sich die öffentliche Hand aber nicht wirklich leisten kann. Die teuersten hierunter für die Kommunen lassen sich mit den Stichworten: Anspruch auf Betreuungsplätze, Betreuungsschlüssel, Barrierefreiheit und Brandschutz zusammenfassen. Wenn hier nicht erkannt wird, dass nicht alles, was gut und wichtig ist, unter den gegebenen Umständen auch finanzierbar ist, ist eine Lösung der Finanzprobleme nicht möglich. Die Kommunen stecken hier in einem Dilemma: auf der einen Seite sind viele Angestellte im öffentlichen Dienst praktisch unkündbar (unabhängig von den praktischen Auswirkungen lassen sich aufgrund der Rechtslage die Personalaufwendungen nur bedingt reduzieren), die Gebäude sollen/müssen weiterhin nutzbar sein (die Nebenkosten von Rathäusern, Bürgertreffs, Büchereien, Sport- und Kulturhallen etc. lassen sich nur in geringem Maße reduzieren) und für die allermeisten Dienstleistungen gibt es gesetzliche Verpflichtungen (Kindergärten, Standesamt, Friedhof, Feuerwehr etc.), auf der anderen Seite sollen sie nach Möglichkeit keine neuen Schulden machen. Das passt im Falle Rödermark nicht mehr zusammen. Eigentlich können die Kommunalpolitiker ihr Zeug wieder einpacken und zu Hause bleiben. Gestaltungsspielräume sind faktisch keine mehr vorhanden, es geht nur noch um die Verwaltung des Mangels, wer traut sich als erster, die nötigen drastischen Sparmaßnahmen und Einschnitte zu verkünden. Das man damit keine Wähler und folglich Wahlen gewinnt, ist klar. Aber gibt es noch Alternativen? In meinen Augen: nein!
An dieser Stelle möchte ich kurz für Verständnis für die Stadtverordneten werben. Keiner lässt ich aufstellen, wenn der letztgenannte Satz die einzige Maxime ist. Ein Rest an Gestaltungsspielraum muss vorhanden sein, auch wenn das fast immer mit Kosten verbunden ist. Ohne diesen Rest an positiver Veränderungsmöglichkeit demotiviert man die Verantwortlichen völlig, so dass die Bereitschaft, die nötigen Maßnahmen zu beschließen, um das Ende mit Schrecken vielleicht doch noch vorher abzuwenden, sinkt, sich eine Gleichgültigkeit breit macht und das Gemeinwesen Kommune am Ende daran zerbricht. Daher wird wohl auch die FDP einige Haushaltsanträge stellen, die mit Investitionen, d.h. neuen Kosten verbunden sind. Nur werden diese in keinem Verhältnis zu den vorgeschlagenen Einnahmesteigerungen und Ausgabenkürzungen stehen.
Die Einnahmenseite
Wenn man etwas ändern will, muss man zum einen die Einnahmen steigern und die Ausgaben verringern. Was sich in der Theorie einfach anhört, ist in der Praxis oft äußerst schwierig.
Die Einnahmenseite einer Gemeinde besteht aus Zuweisungen, Anteilen an Landes- und Bundessteuern, dem größten Teil der Gewerbesteuer, der Grundsteuer, Erlösen aus Verkaufsgeschäften und Gebühren für Dienstleistungen. Auf die Höhe der Zuweisungen und Steuerbeteiligungen hat eine Kommune nur indirekt Einflussmöglichkeit, weshalb diese Parameter bei einer Konsolidierung keine Rolle spielen können. Rödermark liegt mit seinen Hebesätzen von Grundsteuer und Gewerbesteuer im Mittelfeld, durch Anhebung der Hebesätze könnte man kurzfristig Mehreinnahmen von einigen 100.000 € erzielen. Dies werde ich aber keinesfalls vorschlagen, die Bedingungen für das Gewerbe müssen sich verbessern und dürfen sich keinesfalls auf diese Art verteuern. Das Ausweisen neuer Wohngebiete zur Steigerung der Grundsteuer ist zum einen aufgrund der Einschränkungen des regionalen Flächen¬nutzungsplans kaum noch möglich, zum anderen sind die dadurch erzielbaren Mehreinnahmen marginal. Ähnlich sieht es bei der Gewerbsteuer aus. Durch neue Gewerbegebiete lassen sich unsere Haushaltsprobleme nicht lösen. Um Mehreinnahmen von 9,5 Millionen € mit der Gewerbesteuer zu erzielen, müsste man (bei gleichen Erträgen pro Fläche wie bei den bisherigen Gewerbegebieten) rund 300 ha Gewerbegebiete neu ausweisen und besiedeln. Das ist mehr als die komplette Freifläche zwischen Waldacker, Ober-Roden, Messenhausen und Urberach. Ganz davon abgesehen, dass die Zahl der ansiedlungswilligen Firmen äußerst gering ist, beträgt die laut Flächennutzungsplan noch für Gewerbeflächen zur Verfügung stehende Fläche nur rund 9 ha, von denen 7 auch noch laut Koalitionsvertrag in den nächsten 5 Jahren nicht angerührt werden dürfen. Dennoch gibt es bei der Gewerbesteuer noch ein großes Potenzial nach oben. Während Rödermark nur 212 € pro Einwohner aus der Gewerbesteuer zur Verfügung steht, liegt der Hessendurchschnitt bei 460 €/Ew., in Frankfurt sind es sogar 1689 €. Gelingt es uns, durch intelligente Wirtschaftsförderung die Produktivität der bestehenden Gewerbeflächen zu erhöhen, sehe ich langfristig eine Steigerungsmöglichkeit um 25 bis 50 %. Diese potenziellen Mehreinnahmen bedürfen aber großer Anstrengung und sind keinesfalls gesichert. Im Übrigen fällt das Haushaltsdefizit von Kommunen mit deutlich höheren Gewerbesteuereinnahmen (Langen, Dreieich, Neu-Isenburg) auch nicht unbedingt kleiner aus. Allein die Spielräume erscheinen etwas größer
Erlöse aus Verkaufsgeschäften sehe ich prinzipiell kritisch. Damit wird in der Regel das Eigenkapital abgesenkt, der Verkaufserlös ist einmalig und nicht nachhaltig. Und für Objekte, die defizitär sind, deren Verkauf die Stadtkasse daher entlasten würde, wird es sehr schwierig Käufer zu finden. Oder kennen Sie jemanden, der Rödermark spontan Kulturhalle und Badehaus abkaufen würde? Da es kaum noch veräußerbares städtisches Vermögen (z.B. in Form von Baugrundstücken) gibt, wird dieser Einnahmeposten in Zukunft eher noch weiter absinken.
Bleiben die Gebühren für Dienstleistungen sowie ein bisher noch nicht in Anspruch genommener Posten. Meine Partei ist sicherlich nicht als die Partei bekannt, die die Bürger mit höheren Steuern und mehr Kosten belasten will. Es gibt aber Situationen, wo dies in meinen Augen unabdingbar ist. Bei unserer Finanzlage gibt es keinen Spielraum, die Zeiten sind vorbei, wo der Bürger einseitig von höheren Standards profitiert, aber keine höheren Beiträge dazu leisten muss. Wenn das Privatvermögen der Deutschen jedes Jahr um einen fünffach höheren Betrag ansteigt als das Defizit der öffentlichen Haushalte, ist die Balance empfindlich gestört. Prinzipiell ist dies eine Bundesangelegenheit, deren Rahmen diesen Blog sprengen würde. Ohne andere Steuerungsmöglichkeiten beeinflussen zu können, bleibt dem Kommunalpolitiker kaum etwas anderes übrig, als nach unpopulären Dingen, wie z.B. der Einführung von wiederkehrenden Straßensanierungsbeiträgen, zu rufen. Zu diesem Thema werde ich einen eigenen Blog schreiben, so dass ich hier nur das Ergebnis diskutieren möchte. Hierbei handelt es sich um zweckgebundene Einnahmen, die nur für die Sanierung der Gemeindestraßen verwendet werden dürfen. Sie werden von jedem Grundstücks¬besitzer wie eine 2. Grundsteuer erhoben und sind umlagefähig. Um den Verpflichtungen zum Unterhalt der Gemeindestraßen auch nur halbwegs nachkommen zu können, sind hier jährliche Einnahmen von mindestens 2 Mill. € nötig (zum Vergleich: Einnahmen Grundsteuer B: 3,2 Mill. €). Ich will das nicht, weder als Privatperson noch als Kommunalpolitiker, und ich wünschte, es gäbe andere Optionen. Aber die gibt es nicht und so werde ich mich – und ich denke, die FDP wird dies letztendlich auch so sehen – dieser Notwendigkeit auch stellen.
Die Gebühren für Dienstleistungen sind zum Teil vom Gesetzgeber festgelegt (Meldeämter, Passamt) bzw. schon heute annähernd kostendeckend. Ein großer Posten – der größte im gesamten Haushalt – ist davon ausgenommen: die Kinderbetreuung. Hier liegen die Deckungsgrade durch die Gebühren bei bescheidenen 12-20 % (mit anderen Zuschüssen bei 25–30 %). Jeder Betreuungsplatz ist hoch subventioniert: 10.600 €/Jahr für einen städtischen U3-Betreuungsplatz, 5.300 € für einen Kindergartenplatz, 4.200 € für einen Hortplatz. Mit über 6 Mill. € pro Jahr wird der Betreuungsbereich durch die Stadt Rödermark subventioniert. Nun ist Erziehung und Bildung mittlerweile eine teilstaatliche Aufgabe, die niedrige Geburtenrate eines der größten Zukunftsprobleme Deutschlands und folgerichtig sieht der Staat es auch als seine Aufgabe an, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, ein Betreuungsangebot zu schaffen, dieses finanziell zu fördern und damit die Bereitschaft zum Kinderkriegen zu erhöhen. Bisher leider erfolglos. Leider kann sich Deutschland dieses gut gemeinte Paket eigentlich nicht leisten. Zumindest haben Kommunen wie Rödermark größte Schwierigkeiten, ihren Beitrag zu leisten. Der liegt im Betreuungsbereich. Ich halte es auch in Zeiten knappster Kassen für richtig, dass sich der Staat dafür einsetzt, ein ausreichendes Angebot zu schaffen. Nur bin ich der Meinung, dass die Kinderverantwortung den Eltern nicht abgenommen werden darf – was mit der bisherigen Praxis der Kostenübernahme durch die öffentliche Hand praktisch geschieht. Mein Ansatz – besserer Service bei höherer Eigenbeteiligung – stärkt die Verantwortung der Eltern und entlastet den städtischen Haushalt. Auch ich fordere nicht die komplette Streichung der Subventionen im Betreuungsbereich. Aber eine höhere Eigenbeteiligung an den Kosten durch die Eltern halte ich für unausweichlich. Mittelfristig sollte die Zielsetzung lauten, einen Gesamt-Kostendeckungsgrad von 50 % bei der Kleinkindbetreuung und von 40 % bei der Kindergarten- und Hortbetreuung zu erreichen. Im Klartext heißt das: die bisherigen Entgelte müssten um 80 bis 150 % angehoben werden. Die damit maximal erzielbaren Mehreinnahmen liegen zwischen 1,3 und 1,8 Millionen €/Jahr. Die Maßnahme ist völlig unpopulär, das ist mir klar, aber was ist die Alternative?
Fazit: Durch unpopuläre Maßnahmen ließen sich die Einnahmen mittelfristig um maximal 4–5 Millionen € steigern. Bleiben bis zum Haushaltsausgleich noch 5–6 Millionen €, die bei der Ausgabenseite eingespart werden muss. Ist das möglich?
Kahlschlag bei den Ausgaben?
Um die eben gestellte Frage vorweg zu beantworten: ohne betriebsbedingte Kündigungen, ohne Einschränkungen des Angebotes, ohne den Verzicht auf lieb gewonnene Errungen-schaften und bei Einhaltung aller gesetzlicher Vorgaben? Nein!
Ich werde an dieser Stelle keine detaillierten Vorschläge machen, dass macht die FDP nach ihrer Haushaltsklausur im Zuge von Haushaltsanträgen. Aber eine grobe Richtung, wie es gehen könnte, möchte ich doch angeben.
Der Stellenplan 2012 geht von 11,5 Planstellen mehr aus als 2011, die meisten dazu zum Betrieb der Kindergärten/U3-Betreuung. Mehr Personal anstatt weniger! Punkt 1 einer ernsthaften Konsolidierung wäre: keine Erweiterung des Stellenplans! Punkt 2 wäre betriebsbedingte Kündigungen nicht auszuschließen. Vielleicht geht es mittelfristig auch ohne, in dem man z.B. festlegt, dass durch natürliche Fluktuation freiwerdende Stellen wegfallen bzw. bei unausweichlicher Wiederbesetzung an anderer Stelle Stellen wegfallen müssen. Natürlich wird jeder Fachbereich um seine Stellen kämpfen und sagen, es geht nicht ohne sie. Natürlich bedeutet das Einbußen an der Qualität, an der Bearbeitungszeit. Aber es ist notwendig. Zumal Rödermark mit die höchste öffentliche Personaldichte aller hessischen Kommunen hat. Auf eine bei der Stadt beschäftigte Person kommen 90 Einwohner. Der Durchschnitt aller vergleichbarer Kommunen in Hessen liegt bei 110 Einwohnern. Umgerechnet sind das über 50 Stellen weniger. Würde Rödermark nur im Durchschnitt vergleichbarer Kommunen liegen, wären unsere Personalausgaben u rund 2 Millionen Euro niedriger.
Punkt 3 wäre zur Unterstützung eine konsequente Einführung von E-Government, d.h. web-basierenden Dienstleistungen. Deren Einrichtung und Wartung kostet anfangs natürlich Geld, dafür sinken langfristig Bearbeitungszeiten, die teuren Publikumszeiten können reduziert werden, Personal bei steigender Servicequalität eingespart werden. Wichtiger als eine 16.000 € teure Anzeige im Merian-Heft wäre für das Stadtmarketing auch ein zeitgemäßer Internetauftritt.
Punkt 4 wäre das Durchforsten der Produkte im Haushalt nach Positionen, die nur temporär benötigt werden, aber vorgehalten werden müssen. Diese könnten mit Nachbarkommunen zur Effizienzsteigerung zusammengelegt werden. Darunter könnten Produkte fallen wie Rechnungsprüfung, Vollzugsdienst, Gefahrgutüberwachung, Fundsachen etc. Ein sechsstelliges Einsparpotenzial pro Jahr ist durchaus realistisch.
Punkt 5 wäre die Verweigerung der Einhaltung geforderter Standards im Betreuungsbereich. Natürlich ist es pädagogisch wünschenswert, wenn auf 20 KiTa-Kinder 1,75 Betreuerstellen kommen anstatt auf 25 Kinder 1,5. Aber wenn wir es uns einfach nicht leisten können? Natürlich haben Kinder nun ab dem 1. Lebensjahr nun einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Natürlich sind ausreichende Betreuungsplätze ein Standortfaktor erster Güte. Aber wenn wir uns das einfach nicht leisten können? Wie viele Klagen würden auf Rödermark zukommen? Ich denke jetzt mal ganz extrem: Ist es am Ende nicht billiger, nur klagenden Eltern einen Platz zukommen zu lassen, als den Bedarf, den man mit der Errichtung weiterer Einrichtungen auch fördert, nachzugehen. Alleine im U3-Bereich wäre es dann absehbar, dass die Kosten um weitere 1,5 Millionen € jährlich steigen. Neben der Forderung einer höheren Eigenbeteiligung der Eltern muss es erlaubt sein, auch über die bewusste Nicht-Einhaltung der hohen Standards nachzudenken.
Trotz allem wird es in diesem Punkt mittelfristig nicht darum gehen, die Ausgaben zu senken, sondern nur darum zu verhindern, dass sie weiter ansteigen und so alle Einsparbemühungen in anderen Bereichen zunichte machen.
Punkt 6: In den meisten Produkten ist der Ansatz der Sach- und Dienstleistungen höher als im Jahr 2011, der Anstieg übersteigt in Summe die Steigerung der Lebenshaltungskosten deutlich (12 % Anstieg gegenüber Ist 2010). Etliche der geplanten Mehraufwendungen sind gut begründbar, der Anstieg zeigt aber auch, dass nicht in allen Fachbereichen die Finanzmisere der Stadt auch im Bewusstsein der Mitarbeiter angekommen ist. Will man konsolidieren, dürfen die Sach- und Dienstleistungen nicht in diesem Maße weiter ansteigen. Auch wenn ich im Prinzip gegen die Gießkanne bin, so würde ich einen Stadtverordneten-Beschluss, der sämtliche Budgets in diesem Bereich erst einmal generell um 10 % kürzt, begrüßen und mittragen.
Punkt 7: Prüfung von Einsparmöglichkeiten bei den Gebäudekosten. Die Gebäudekosten (Miete und Nebenkosten, Instandhaltung) als Teil der Sach- und Dienstleistungs¬aufwen-dungen betragen 4,36 Mill. €. Tendenziell steigen diese durch Steigerungen der Energie-kosten weiter an. Durch Investitionen in mehr energetische Effizienz sind langfristig sicher noch Einsparungen zu erzielen, zumindest sollten die steigenden Energiekosten aufzufangen sein. Die Hälfte der Gebäudekosten fallen übrigens im Fachbereich 5 (Kultur) an (Kulturhalle, Kelterscheune, Bücherturm, Halle Urberach, Sporthalle Ober-Roden). Hier wird die FDP Detailinformationen anfordern um beurteilen zu können, ob es Einsparpotenziale gibt.
Punkt 8: Streichung von Zuschüssen: Die Freiwilligen Leistungen der Stadt in Form von Zuschüssen und Zuwendungen sind 2012 mit 1,68 Mill. € angesetzt. Darunter fallen 28 Positionen, die auf den ersten Blick alle sinnvoll sind. Aber können wir uns auch alle leisten? Viele dieser Zuschüsse ersparen der Stadt Kosten. Würden die Fördervereine der Schulen oder die freien Träger der Kleinkindbetreuung nicht bezuschusst, würde deren Angebot wegfallen, die Aufgabe würde auf die Stadt zurückfallen, was am Ende deutlich teurer wird. Alle Parteien sind sich einig, dass auch die Vereinsförderung in der Summe nicht gekürzt werden soll. 400.000 € Zuschuss zum Betrieb des Badehauses sind in diesen Positionen ebenso enthalten wie 180.000 € für die Wirtschaftsförderung. Aber sind 100.000 € Zuschuss für die Musikschule noch zu verantworten? Jede Streichung eines Zuschusses trifft eine Gruppe von engagierten Menschen hart, aber wenn kein Geld vorhanden ist, bleibt auch hier keine Alternative. Eine Reduktion dieses Ausgabepostens von 10 % muss möglich sein.
Punkt 9: Umstrukturierungen im Badehaus. Das Badehaus hat 2010 ein Defizit von fast 1,1 Mill. € erwirtschaftet. 400.000 € davon sind Teil des städtischen Haushalts, der Rest ist im Haushalts der KBR ausgewiesen. Hier sehe ich erhebliche Einsparpotenziale. Warum braucht das Badehaus einen Werbeetat von über 70.000 €? Braucht das Badehaus überhaupt eine separate Leitung? In anderen Einrichtungen tut es – salopp gesagt – ein Kassenautomat und ein Bademeister, warum braucht das Badehaus so viele Beschäftigte? Mittelfristig sollte durch das Schließen des Sauna- und Wellnessbereichs sowie die Wiederherstellung der Betriebsmöglichkeit des Blockheizkraftwerkes die Kostenseite reduziert werden können. Sollte das Haushaltsdefizit in den nächsten Jahren allerdings nicht nachhaltig reduziert werden, ist das Badehaus als Ganzes, d.h. auch der Schwimmbadbereich, nicht mehr zu finanzieren. Komplettschließung wäre die logische Folge. Das wäre in meinen Augen sehr bedauerlich, aber leider auch alternativlos.
Der 10. Punkt wäre das ersatzlose Streichen einzelner Produkte. Auch wenn der Aufschrei groß ist: Für mich gehören dazu beispielsweise sowohl interne wie externe Frauenbeauf-tragte als auch die neu geschaffene Stelle der Integrationsbeauftragten.
Die Ausgabenseite im Haushalt 2012 enthält kaum Investitionen. Das ist auf der einen Seite fatal, denn ein Investitionsstau, z.B. im Bereich EDV-Ausstattung oder Straßenerneuerung, führt unweigerlich zu höheren Kosten in den Folgejahren. Volkswirtschaftlich ist das Unsinn. Auf der anderen Seite sind bei den Investitionen mangels Masse keine weiteren Streichungen möglich.
Fazit
Ich halte bei den Ausgaben kurzfristig Einsparungen von rund 1,5 Millionen € für möglich, mittelfristig sehe ich Möglichkeiten von rund 3 Millionen € unter dem Ansatz für 2012. D.h. selbst wenn alle vorgeschlagenen Punkte bei der Verabschiedung des Haushaltes umgesetzt würden, wäre kein ausgeglichener Haushalt erreichbar. Auch mit Sicht auf 2015 bleibt eine Lücke von mindestens 2 bis 3 Millionen €. Und ich möchte den Kommunalpolitiker sehen, der seinen Wählern die ganzen einschneidenden Maßnahmen aufbürden will, die ich angedeutet habe. Am Ende wird man sich dazu durchringen, irgendwo eine knappe Millionen auf der Ausgabenseite zu streichen. Aber ein echter Sparwille ist bei den Verantwortlichen nur selten festzustellen. 100.000 € jährlich für einen Stadtbus und den Erhalt des Schulbusverkehrs, 170.000 € für eine Spielfläche, die andere für ein Zehntel der Summe realisiert haben, 16.000 € für eine Anzeige, die keiner braucht. Alles Vorschläge bzw. Ausgaben aus dem letzten Monat. Gehe ich weiter zurück, kann die Liste beliebig verlängert werden.
Ausblick
Eigentlich ist es schon 5 nach 12. Eigentlich müsste man über die Teilnahme am kommunalen Rettungspaket der Landesregierung nachdenken. Auf der anderen Seite zeigt die Auflistung aber auch, dass die Deckungslücke von 10 Millionen € nicht gottgegeben ist und es bei größter Anstrengung möglich erscheint, die kommunale Selbstverwaltung auch langfristig noch aufrechtzuerhalten. Ich sehe zu den genannten Vorschlägen keine wirklichen Alternativen, so schmerzhaft sie auch sind. Die Eigenkapitalquote der Stadt hat sich in den letzten Jahren um über 20 % auf jetzt noch knapp über 50 % reduziert. Beim Unterschreiten einer Eigenkapitalquote von 40 % sind die Banken nach der Richtlinie Basel III gezwungen einen Risikoaufschlag zu nehmen. Bei einem „Weiter so“ werden wir diese Grenze bereits 2015 erreichen. Dann steigt alleine der Punkt Zinsen um mehr als eine Millionen € pro Jahr. Grob überschlagen wird unser Eigenkapital im Jahr 2021 oder 2022 aufgebraucht sein. Rödermark wäre zahlungsunfähig und fiele unter Zwangsverwaltung.
Rödermark wird nicht die erste Stadt sein, die die Zahlungsunfähigkeit erreicht, anderen Kommunen geht es noch schlechter. Aber wenn wir jetzt nicht entschieden gegensteuern, gibt es keine Wendemöglichkeit mehr. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die FDP entsprechende Sparvorschläge einbringt und hoffe auf die Einsicht bei meinen Stadtverordnetenkollegen, dass ein „Weiter so“ nicht mehr lange möglich ist.
Dr. Rüdiger Werner
Marienstr. 19
15. Oktober 2011
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Blogbeitrag

Haushaltsdebatte – das Spiel mit der Macht

Haushaltsdebatte – das Spiel mit der Macht – Von Dr. Rüdiger Werner

 

Dr. Rüdiger Werner
Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
29.04.2012
Es gab einmal eine Partei, die war nach eigenen Angaben lange Jahre in Rödermark die führende Oppositionspartei. Diese Partei hatte einen politischen Gegner, der traditionell die stärkste politische Kraft vor Ort war und ist, den sie lautstark und mit aller Energie bekämpfte. Einer der Hauptkritikpunkte war immer die „Arroganz der Macht“, die die anderen an den Tag legten. Es gehe nicht um Inhalte, es gehe um Köpfe, um Vorteilnahme, um Machterhalt. Man selbst sei dagegen basisdemokratisch und sehe ausschließlich die Sache und das Wohl der Allgemeinheit im Vordergrund. Diese Bewertung mag zeitweilig sogar der Wahrheit entsprochen haben, aber Zeiten ändern sich bekanntlich … Heute koalieren die ehemaligen politischen Gegner miteinander – bislang sogar ohne Zwist in der Öffentlichkeit, man hat sich mit der Arroganz der Macht arrangiert und sehr schnell ein Verhalten an den Tag gelegt, dass sich in diesem Punkt nicht von dem des Koalitionspartners unterscheidet.
Kommunalpolitik in Rödermark ist für kleinere Oppositionsparteien ein sehr schwieriges Terrain geworden. Was man bei den Haushaltsdebatten in den Monaten September 2011 bis März 2012 in dieser Hinsicht erleben konnte, darüber berichtet dieser Blog.
Haushaltseinbringung und Blätterrunde
Jedes Mal im Herbst läuft Kämmerer Alexander Sturm (CDU) zur Hochform auf. Bei der Einbringung des Haushaltes werden klar und schonungslos die Entwicklungen aufgezeigt, dass Dilemma vor Augen geführt, in dem Rödermark steckt, die beängstigenden Szenarien vorgestellt, was bei einem „weiter so“ passieren würde. Jedem rational denkenden Menschen müsste bei diesen Horrorzahlen sofort klar sein, dass es ein „weiter so“ nicht geben darf, nicht geben kann. Dass es Einschnitte geben muss, Leistungen wegfallen müssen, die Bürger mehr zur Kasse gebeten werden müssen. Bei der Frage, wo soll gespart werden, sollte der Bürger mitreden dürfen, daher wurde ein Fragebogen zum Haushaltsentwurf erstellt und an alle Haushalte Rödermarks verteilt. Die Rücklaufquote war mit rund 1300 ausgefüllten Fragebögen geradezu sensationell hoch.
An die Haushaltseinbringung sowie das Verteilen der Haushaltsentwürfe an die Stadtverordneten schließt sich traditionell die sogenannte Blätterrunde an, ein Termin bei dem die Fachbereichsleitungen anwesend sind und die Stadtverordneten Verständnisfragen zum Haushalt stellen können. Kämmerer und Finanzverwaltung baten diesmal darum, nach Möglichkeit die Fragen vorher schriftlich einzureichen, damit die Verwaltung sich besser vorbereiten kann.
Schaut man sich die Aufgabenfelder eines Stadtverordneten laut Hessischer Gemeindeordnung an, steht an oberster Stelle, als wichtigste Aufgabe, die Verabschiedung des kommunalen Haushaltes. Wir bestimmen also letztendlich darüber, wo wie viel Geld zur Verfügung gestellt wird, um die kommunalen Aufgaben wahrnehmen zu können. Nun weist Rödermark 2012 zum 4. Mal in Folge im Haushaltsentwurf ein Defizit von über 8 Millionen € auf. Wenn ich als Stadtverordneter also ein Mitverantwortung habe dafür, dass der städtische Haushalt ausgeglichen wird (steht auch ganz oben im Gesetzestext: Die Kommune hat einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen), wenn das sozusagen meine wichtigste Aufgabe ist, dann ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, dass ich mir den städtischen Haushalt auch genau anschaue und Überlegungen dahingehend anstelle, wie man das Ziel erreichen kann, wie man das Defizit verringern kann. Da ich neu bin in der Stadtverordnetenversammlung (die wir alle nur kurz ‚Stavo’ nennen), mir also die jahrelange Erfahrung manches Kollegen fehlt, kamen beim Durchblättern entsprechend viele Fragen auf: Warum hat sich die und die Haushaltsposition im Vergleich zu den Vorjahren so stark geändert? Welche Aufgaben, welche Leistungen sind hinter diesem und jenem Budget versteckt? Und, und, und… Wenn man Sparvorschläge machen will, benötigt man einen tiefgehenden Einblick in die Materie und um den bekommen zu können, muss man die entsprechenden Fragen stellen. Das habe ich mit meinem Kollegen Tobias Kruger dann gemacht. Wir haben uns hingesetzt, unsere Fragen abgestimmt, ausformuliert, formatiert und nummeriert und fristgerecht der Verwaltung übergeben. Am Ende waren es 71 Fragenkomplexe auf 7 Seiten Papier! Wir waren natürlich die einzige Fraktion, die überhaupt – wie gewünscht und zwischen den Fraktionen eigentlich ausgemacht – schriftliche Fragen vorab eingereicht hat.
Von einigen Fraktionen wurde gleich der Unmut geäußert, wir würden damit die Verwaltung überfordern. Papperlapapp, dass ist unsere ureigenste Aufgabe! So tief, wie dieses Mal, wurde noch nie über den Haushalt diskutiert, für die anwesenden Stadtverordneten waren die 3 Sitzungen (so lange hat es am Ende gedauert) äußerst informativ und auch aus der Verwaltung hat uns ein überwiegend positives Feedback erreicht. Auf der einen Seite wurde klar, es gibt Stadtverordnete, die ihre Aufgabe ernst nehmen, die wissen wollen, wie die Verwaltung funktioniert, auf der anderen Seite wurde aber auch klar, dass zu große Budgets von Verwaltungsseite aus nicht mehr so leicht zu kaschieren sein werden, wie das in der Vergangenheit vielleicht möglich war.
Was haben nun die anderen Parteien gemacht?
Freie Wähler: waren immer anwesend, haben sich viel notiert und gelegentlich eigene Fragen gestellt.
SPD: glänzte weitestgehend durch Abwesenheit, haben insgesamt nur eine einzige Frage gestellt.
CDU: von der zahlenmäßig größten Fraktion waren nur zwischen 2 und 5 Stadtverordnete anwesend, außer höhnischen Kommentaren in Richtung FDP hat die CDU es geschafft, während aller 3 Sitzungstage keine einzige eigene Frage zum Haushalt zu stellen. Der Haushalt weist eine Unterdeckung von 9 Millionen € auf und die größte Fraktion hat keine einzige Frage? Mich würde interessieren, wie viele Kolleginnen und Kollegen der CDU überhaupt einen Blick in das Zahlenwerk geworfen haben…
Bleiben AL/Grüne: diese haben trotz eines Bürgermeisters in ihren Reihen, der für über 95 % des Budgets verantwortlich ist, nach uns die meisten Fragen gestellt und haben auch zahlenmäßig ihre Kollegen aus CDU und SPD immer übertroffen.
Haushaltsanträge
Die Zeit zwischen diesen Blätterrunden und der Ausschussrunde, in der die Haushaltsanträge der Fraktionen beraten werden sollten, war sehr kurz. In diese Zeit fiel auch noch die Vorstellung des Ergebnisses der Bürgerbefragung zum Haushalt. Daher hat der Ältestenrat (ein Gremium, das Formalien rund um die Stadtverordnetenversammlung berät und beschließt) beschlossen, die Deadline zur Abgabe der Haushaltsanträge auf den Freitag vor der Ausschusswoche (dort werden alle Verwaltungsvorlagen und Anträge der Fraktionen inhaltlich beraten) zu legen. Spätestens an diesem Tag sollten alle Haushaltsanträge vorliegen.
Für uns als FDP war klar: wir können weitere 9 Millionen € neue Schulden nicht hinnehmen, wir müssen Vorschläge machen und Möglichkeiten aufzeigen, das Defizit zu verringern. Also haben wir eine Haushaltsklausur durchgeführt, haben uns fast jeden Tag getroffen und beraten, haben die Vorschläge ausformuliert und begründet und haben es tatsächlich geschafft, gemäß der interfraktionellen Absprache am Freitagabend 37 ausformulierte Anträge in der gewünschten Form abzugeben (2 weitere folgten am Sonntag). Wer sich für die Inhalte unserer Anträge interessiert, sollte meinen Blog „die Haushaltsanträge der FDP“ lesen. Damit waren wir die ersten! Bis zum Montag lagen auch jeweils 3 Anträge von FWR und CDU/AL vor, die SPD schaffte es gar erst am letzten Tag der ursprünglichen Ausschussrunde, ihre Anträge abzugeben. Soviel zum Thema „Halten an Absprachen (Frist) aus dem Ältestenrat“.
Ein Haushaltsantrag ist rein formal ein Antrag, im Haushaltsentwurf einer Kommune eine oder mehrere Positionen zu verändern. Dazu sollte man idealerweise das Produkt nennen, den genauen Posten, der verändert werden soll, sowie den Betrag, um den verändert werden soll. Eine Begründung ist nicht zwingend vorgegeben, erleichtert aber die Debatte und ist daher Usus. Alle unsere Anträge waren nach diesem klaren Schema formuliert, wobei die Begründungen notgedrungen (kein Geld da) teilweise identisch waren. Jeder, der der deutschen Sprache mächtig ist, konnte nach dem Durchlesen unserer Anträge aus jedem einen exakten Handlungsauftrag an die Verwaltung übernehmen.
Warum ich diese Selbstverständlichkeiten überhaupt erwähne? Schauen Sie sich einmal 2 der 3 Haushaltsanträge der Koalition an! Da haben wir zum einen den sogenannten „Konkretisierungsantrag“. Was hat es damit auf sich? Bei der Bürgerbefragung zum Haushalt haben erstaunlich viele Bürger bei erstaunlich vielen Produkten eine Reduzierung oder Einstellung der Zuschüsse zu diesen gefordert. Die Koalition wollte nun dieses Bürgervotum irgendwie mit der Brechstange aufnehmen und zeigen, dass man den Bürger ernst nimmt. Also hat man zu den 14 Produkten, die in der Wertigkeit bei den Bürgern am schlechtesten abgeschnitten haben, einen Satz formuliert, der einen Handlungsauftrag für den Magistrat darstellen soll. Beispiel? „Hier sind die Kosten einer kritischen Prüfung zu unterziehen.“ Erstens sollte das eine Selbstverständlichkeit einer Verwaltung sein, dass sie die Kosten stets und von sich aus einer kritischen Prüfung unterzieht. Und zweitens ist das kein konkreter Handlungsauftrag, schon gar kein haushaltsrelevanter. Und so geht es weiter: keine Begründung, oft soll den Bürgern nur mit erhobenem Zeigefinger erklärt werden, warum das Produkt trotz Ablehnung durch den Bürger trotzdem wichtig ist (Frauenbeauftragte, Integration). Hätten wir als FDP so einen „Antrag“ formuliert, hätte man in uns schon aus rein formalen Gründen um die Ohren gehauen. Aber man hat ja die Macht, da kann man sich alles erlauben!
Es kommt aber noch besser. Ein weiterer Koalitionsantrag lautet: Produkthaushalt 2012 – Veränderungen. Dieser „Antrag“ entspricht keinem der in Rödermark seit Jahren einstimmig selbstgegebenen Formalien für Anträge, er enthält weder eine Begründung noch einen Beschlusstext, vielmehr besteht er nur aus einer einfachen Tabelle mit einer Reihe von Positionen: Produkt, Beschreibung (1 bis 5 Worte), Einsparbetrag. Dieser Antrag hätte so nie für den Geschäftsgang zugelassen werden dürfen! Dieser Antrag ist eine Unverschämtheit, eine blanke Verhöhnung des Parlaments! Auf die Frage, wie denn die Verwaltung aus diesem Wisch einen exakten Handlungsauftrag ablesen will, kam vom Kämmerer nur die Antwort: ich weiß schon, was damit gemeint ist. Bei einer 75 %-Mehrheit kann man halt machen, was man will. Für die Opposition keine Chance, hier die vereinbarten Rechte und Pflichten durchzusetzen. Arroganz der Macht, wie die AL noch vor kurzer Zeit so ein Verhalten zu nennen pflegte. Uns dann auch noch – wie vom AL/Grüne-Stadtverordneten Michael Uhe-Wilhelm mehrfach geäußert – handwerklich schlecht gemachte Anträge vorzuwerfen, ist in diesem Zusammenhang an Dreistigkeit schon kaum mehr zu überbieten. Liebe Kollegen, wir sind bestimmt nicht perfekt und schon gar nicht allwissend, aber das war wirklich schlechter Stil und ich fordere Euch auf, in Zukunft den Standard, den ihr von den kleineren Oppositionsparteien immer fordert, wenigstens in Ansätzen selbst einzuhalten.
Haushaltsberatungen
Nun waren – sehr zum Unmut von CDU, AL/Grüne und SPD – nun mal (mit den Unterpunkten der Koalitionsanträge) über 70 Anträge im Geschäftsgang, wie damit umgehen? Zum einen mussten wir uns immer wieder Vorwürfe anhören bezüglich unserer Antragsflut. Wir würden durch die benötigte Beratungszeit unnötig Sitzungsgelder verursachen, wir würden die Verwaltung vom Arbeiten abhalten, unsere Anträge wären die reinste Zeitverschwendung und man möge uns damit in Zukunft bitte verschonen (Zitat Stadtverordnete und stellv. CDU-Vorsitzende Mona Reusch). Liebe Kollegen, seit ihr noch ganz sauber? Wir sind hier die Partei, die ihrer Verantwortung am meisten gerecht wird, die ihre Aufgaben ernst nimmt, die ohne großen Populismus versucht, die Schieflage der Gemeindekasse wieder in Ordnung zu bekommen, die sich die meisten Gedanken gemacht hat, wie das möglich sein könnte, die ohne Rücksicht auf die eigene Wählerschaft Vorschläge gemacht hat, die sich nicht scheut, unpopuläre Wahrheiten auszusprechen.
Ich wiederhole mich ungerne, aber die Beratung und Verabschiedung des Haushaltes ist unsere allerwichtigste, ureigenste Aufgabe. Und weil wir diese – im Gegensatz zu vielen Kolleginnen und Kollegen – wirklich ernst nehmen, werden wir an den Pranger gestellt? Ich habe keine Probleme damit, Kritik einzustecken, wenn ich über das Ziel hinaus geschossen bin oder schlicht Unsinn erzählt habe, aber diesen Schuh ziehe ich mir nicht an! Wir haben die Fragen und Anträge nicht gestellt, um die Kollegen zu ärgern oder deren Freizeit zu schmälern, wir wollen sachlich dazu beitragen, die Schuldenpolitik Rödermarks zu beenden und wenn das 10 Sitzungen dauert, dann dauert es 10 Sitzungen! Zeitdruck ist immer ein schlechter Ratgeber, daher sollte man sich bei diesen wichtigen Fragen die nötige Zeit nehmen. Und bei nächsten Mal 150 sinnvolle Anträge gestellt werden, dann muss man halt 150 Anträge beraten. Unser ausdrücklicher Dank gilt in diesem Zusammenhang Stadtverordnetenvorsteher Jörg Rotter, der hier das Notwendige unternommen hat, dass die Beratungen letztendlich doch in einer fairen Weise stattfinden konnten.
Ich kann nicht versprechen, dass wir uns dem Willen der anderen Fraktionen beugen und zur nächsten Runde weniger Fragen und Anträge stellen. Ich möchte am Ende meiner 5-jährigen Wahlperiode ein reines Gewissen haben und wenigstens sagen können: ich habe alles versucht. Wenn die Unvernunft der anderen stärker ist, dann ist das eben so, ich habe mir dann jedenfalls nichts vorzuwerfen. Nur weil andere das ständige Schuldenmachen als gegeben hinnehmen und weiter Wohlfühlanträge stellen (Stichwort Tontäfelchen), werde ich niemals genauso denken, nicht 2013 und auch nicht 2015.
AL/Grüne stellt den Bürgermeister und die CDU stellt den Kämmerer – es ist also klar, dass beide Parteien schon bei der Erstellung des Haushaltsentwurfes ihre wesentlichen Punkte untergebracht haben sollten. So sind die kolportierten 500.000 € Einsparungen durch Koalitionsanträge eher als vorkalkulierte Alibiveranstaltung zu sehen denn als ernstgemeinte Sparanstrengung. Insofern war unsere Erwartungshaltung bezüglich der Erfolgsaussichten unserer Anträge auch nicht sehr hoch. Man kann es sich politisch nun mal schlecht leisten, wenn die kleine FDP Einsparmöglichkeiten von 1,5 Millionen € findet, die man selbst übersehen hat. Uns blieb also nur die Kraft des Wortes, gute Argumente, die man nicht widerlegen kann und die ein Ablehnen nur schwer möglich machen. In den meisten Fällen hatten wir diese Argumente, was wir nicht erwartet haben war, dass Argumente oft überhaupt keine Rolle spielen. Man hat uns mehr oder weniger zugehört, hat uns belächelt und dann alles abgelehnt. Irgendein Pseudoargument, eine falsche Behauptung fiel der Koalition immer ein. Und wenn das einmal auch nicht der Fall war, dann hat man halt einen Änderungsantrag verfasst, der das Thema abdeckt. Man kann einem Antrag der Opposition ja unmöglich zustimmen.
Liebe Kollegen, ihr solltet euch ernsthaft fragen, ob solche politischen Spielchen mit der Macht in der ernsten Lage, in der wir uns befinden, noch zeitgemäß sind. Wir finden, sie sind es nicht! Daher haben wir konsequenterweise allen Koalitionsanträgen und Anträgen der Opposition, die auf sinnvolle Art und Weise zu Ausgabensenkungen führen oder führen können, zugestimmt – auch wenn wir unsere eigenen als zielführender ansehen. Und wenn wir 850.000 € Einsparungen beantragt haben und die Koalition will nur 170.000 € sparen, ja dann stimmen wir dem halt zu, denn 170.000 € weniger Schulden sind immer noch besser als 0 € sparen und trotzig in der Ecke sitzen. Wir würden uns auch nie hinstellen und generell alles, was von anderen Parteien kommt, nur deswegen ablehnen, weil es eben von den anderen kommt. Nach genau dieser Devise handelt die Koalition in ihrem ersten Jahr. In meinen Augen ist es einfach nur dumm, sich hinzustellen und zu sagen: wir vertreten 75 % der Bevölkerung, wir wissen, was richtig und falsch ist, wir brauchen die Ideen der restlichen 25 % nicht. Dumm und anmaßend!
Umsetzen von Beschlüssen
Zu diesem Thema passt auch ein weiterer Punkt, der zwar nicht speziell die Haushaltsberatungen betrifft, uns immer wieder verärgert und zum Thema „Spiel mit der Macht“ gehört: die mangelhafte Umsetzung von Beschlüssen. Der Magistrat (d.h. der Bürgermeister mit seiner ihm untergeordneten Verwaltung) ist per Gesetz verpflichtet, Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung schnellstmöglich umzusetzen. Eigentlich besteht auch eine Berichtspflicht seitens des Bürgermeisters über den Stand der Umsetzung (entweder in den Fachausschüssen oder in der Stavo). In Rödermark ist das leider anders. Schnell umgesetzt werden nur die Beschlüsse, die der Bürgermeister persönlich unterstützt, andere werden schon einmal auf die lange Bank geschoben oder einfach ausgesessen, teilweise so lange, bis sich die äußeren Umstände soweit geändert haben, dass die Stadtverordneten ihren damaligen Beschluss heute so nicht mehr beschließen würden. Dazu kommt, dass das Berichtswesen objektiv mangelhaft ist. Viel zu selten berichtet der Bürgermeister über den aktuellen Umsetzungsstand von Beschlüssen. In den meisten Fällen erfahren wir Stadtverordnete nur dann Details, wenn wir eine offizielle Anfrage stellen, warum bisher eine Umsetzung nicht sichtbar ist.
Beispiele dafür gibt es genügend:
Errichtung einer Großküche in Rödermark. Einstimmiger Beschluss 2008, Umsetzung 2012: null. Berichterstattung des Magistrates in den 4 Jahren: einmal unaufgefordert, einmal auf Nachfrage. Aktuell wurde der Auftrag an den Magistrat durch einen neuen Beschluss leicht verändert bekräftigt.
Parkleitsystem für Rödermark: Einstimmiger Beschluss 2008, Umsetzung 2012: null. Hier wurde die Verwaltung allerdings tätig, Pläne wurden erstellt und vorgestellt, Angebote eingeholt. Es wurden aber nie die nötigen Mittel in den Haushalt eingestellt, um die Pläne auch umsetzen zu können. Ein Antrag der FDP, nun endlich die Mittel einzustellen, um diesen offenen einstimmigen Beschluss umsetzen zu können, wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Das ist natürlich legitim, dann hätten diese Fraktionen aber auch im direkten Gegenzug den Beschluss von 2008 aufheben müssen. Nur so kommt Ordnung in das System, nur so können die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Aber man hat ja die Macht, da muss man sich ja nicht mehr an die Hessische Gemeindeordnung halten. Der Beschluss ist also immer noch rechtskräftig und eigentlich ist der Bürgermeister immer noch angehalten ihn umzusetzen.
Videoüberwachung an den Bahnhöfen. Ebenfalls ein nahezu einstimmiger Beschluss, der seit 3 Jahren in der Verwaltung hängt. Hier hat es über ein Jahr gedauert, bis alle Beteiligten sich über eine Vorgehensweise geeinigt hatten. Es wurde eine Ausschreibung durchgeführt, die Arbeiten für den Bahnhof Ober-Roden wurden vergeben, umgesetzt ist bis heute nicht. Berichtet wird immer nur auf Anfrage, schuld sei angeblich die Zuständigkeitsfrage bei der deutschen Bahn. Unser Vorwurf hier: wo ein wirklicher Wille vorhanden ist, ist auch ein Weg. Uns fehlt hier der Nachdruck seitens der Stadt.
Verkauf des Bahnhofs Ober-Roden: Beschluss vor 2 ½ Jahren, unterzeichnet ist bis heute nichts, da immer wieder neue Probleme auftauchten (zuletzt Denkmalschutz). Berichtet wird immer nur auf Anfrage.
Kauf des Grundstücks Ober-Rodener Str. 18: Mehrheitsbeschluss zum sofortigen Erwerb des Grundstückes im Februar 2011, im Herbst 2011 erfahren, dass das Grundstück immer noch nicht erworben wurde. Es mag zwar gute Gründe für den Nichterwerb gegeben haben, am Ende mag es klug gewesen sein, denn nun kann das Grundstück direkt an den zukünftigen Nutzer Caritas verkauft werden, aber es bleibt die Tatsache, dass der Beschluss der Stadtverordneten-versammlung nicht umgesetzt wurde. Wenn der Magistrat der Meinung gewesen ist, dass sich gute Gründe ergeben haben, den Stavo-Beschluss nicht umzusetzen, so hätte er eine Vorlage in die Stavo einbringen müssen, diesen Beschluss wieder aufzuheben.
Wiederbesetzungssperre: Meines Wissens nach auch ein einstimmiger Haushaltsbeschluss. Jede freiwerdende Stelle soll erst einmal eine bestimmte Zeitspanne lang (i.d.R. 6 oder 9 Monate) nicht wieder besetzt werden. Dadurch können nicht unerhebliche Personalmittel eingespart werden. Nun gab Bürgermeister Kern in öffentlicher Sitzung wiederholt zu, sich nicht daran gehalten zu haben, weil es nicht ging. Das mag zwar inhaltlich richtig sein, aber formal geht es so nicht.
Interaktive Stadtkarte: Entstanden aus einer Potenzialstudie regenerative Energien in Rödermark wurde der Magistrat im Februar 2010 einstimmig aufgefordert, bis zur Sommerpause 2010 ein Konzept auszuarbeiten, wie u.a. ein Solarpotenzialkatasters erstellt werden und im Internet mit GPS-Daten jedermann zur Verfügung gestellt werden kann. Seitdem nie mehr etwas davon gehört und erst auf meine Anfrage 2011 gehört, dass es irgendwelche Schwierigkeiten gab. Es trifft also nicht nur CDU/FDP-Initiativen.
Die Liste ließe sich bestimmt um weitere 20 Punkte verlängern.
Ich bin zwar kein Jurist, aber ich sehe das Verhalten des Magistrates in den letzten Jahren fast schon als Rechtsbeugung an, eindeutig nicht mit dem Gesetz konform, der Spielraum, den der Magistrat als ausführendes Organ hat, wird ständig überschritten. Es ist keine Ermessenssache des Bürgermeisters, ob er Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung umsetzt oder nicht. Er kann gegen Beschlüsse, die er nicht vertreten kann, Widerspruch einlegen (wovon er bekanntlich schon Gebrauch gemacht hat), er kann eine Vorlage zum Aufheben des Beschlusses erstellen, dem die Stadtverordnetenversammlung dann zustimmen kann, aber die Rödermarker Variante ist vom Gesetzgeber weder vorgesehen noch gedeckt. Aber wo kein Kläger, da kein Richter. Ich bin wie gesagt kein Jurist und definitiv kein Korinthenkacker, der penibel auf die Einhaltung jedes Gesetzesbuchstaben achtet. Ich lasse 5 auch mal gerne gerade sein, wenn er der Sache dienlich ist, aber wenn Beschlüsse nur noch nach Gutdünken umgesetzt werden oder eben gar nicht, dann frage ich mich schon, was wir Stadtverordneten eigentlich noch tun. Wozu braucht man uns noch? Was soll das Ganze, wenn der Magistrat am Ende eh in Eigenregie das tut, was er will? Besonders für eine Oppositionspartei, die keinen Sitz im Magistrat hat, von dieser Informationsquelle also abgeschnitten ist, ist dieser Zustand unerträglich. Die FDP würde es daher sehr begrüßen, wenn auch Rödermark in seinem Ratsinformationssystem ein Tool integrieren würde, dass den Stand der Umsetzung von Beschlüssen protokolliert und zeitnah für alle Stadtverordneten, im Idealfall auch für alle Bürger, einsichtbar macht. Wir als FDP überlegen uns, dieses nach der Einholung von Erfahrungen aus anderen Kommunen für Rödermark zu beantragen.
Fazit
Was haben die Haushaltsberatungen über rund 20 Sitzungstage nun effektiv gebracht? Für die Stadt Rödermark wenig. Das Gesamtdefizit steigt weiter rasant, wir versinken in der Schuldenspirale, die wohl letzte Chance, hier entscheidend gegenzuwirken, wurde von CDU und AL/Grüne vertan. Dennoch denke ich, dass die Beratungen einen hohen Erkenntnisgewinn für Stadtverordnete und Verwaltung gebracht haben, die Sensibilisierung für das Thema Finanzen und Gegenfinanzierung von Ausgaben ist zweifelsohne gestiegen. Sie haben aber auch die Erkenntnis gebracht, dass mit dieser Verwaltungsspitze wirkliche Einsparungen nicht zu realisieren sind. Auch, dass es in der Verwaltung insgesamt an Führung fehlt. Denn nur das, was die Führung vorlebt, kann auch nach unten durchgesetzt werden. In der Verwaltung steckt viel Potenzial, viele Mitarbeiter prangern in privaten Gesprächen durchaus Ineffektivitäten und Bürokratie an, haben sinnvolle Sparvorschläge, sehen die Effizienz des Systems bei weiten nicht ausgeschöpft. Wenn aber von oben kein Reformdruck kommt, kein ernsthafter Wille gezeigt wird, erreichen diese Ideen nur selten die nötigen Hierarchieebenen, um auch umgesetzt zu werden. So wird das nichts.
Von der CDU bin ich wirklich enttäuscht. Weil sie zwar oft richtig redet, aber dann nicht entsprechend handelt. Es ist alles gesagt, ändern können wir eh nichts (ohne wenigsten einen Teil unserer vielschichtigen Wählerschaft zu verärgern), also stecken wir den Kopf in den Sand und harren der Dinge, die da kommen. Das Statement des Kämmerers zum kommunalen Rettungsfond ist ein Offenbarungseid, ein einziger Ausruf der eigenen Hilf- und Ideenlosigkeit. Jetzt soll mal wieder der Bürger entscheiden, wozu die Volksvertreter nicht in der Lage sind. Doch zu diesem Phänomen mehr im Blog „Bürgerbeteiligung – wozu braucht man noch Volksvertreter“.
Eine weitere Erkenntnis ist sicherlich, dass man für Politik keine Argumente und kein Hintergrundwissen braucht – für gute Politik allerdings schon. Daran wird sich auch diese Koalition am Ende der Wahlperiode messen lassen müssen.
Rüdiger Werner
Marienstr. 19
Im April 2012
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Meinung

Mietfreies Künstlerhaus?

Mietfreies Künstlerhaus? – Von Dr. Rüdiger Werner

 

Dr. Rüdiger Werner
Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
16.06.2012
Die FDP hatte im Mai eine sachliche Anfrage zum Thema „Seitz-Haus“, einem Haus in der Ortsmitte von Ober-Roden in der Dieburger Straße auf der linken Seite der Einfahrt zur Kulturhalle, gestellt. Das Haus wird seit geschätzten 3–4 Jahren vom Künstlerverein KiR genutzt und auf Vordermann gebracht. Wir wollten zum einen wissen, ob die Gerüchte wahr sind, dass KiR für die Immobilie keine Miete zahlen muss, und wir wollten wissen, welche Pläne der Magistrat in der Zukunft für das Gebäude hat. Der Hintergrund hier: Die Stadt Rödermark hat das Gebäude vor einigen Jahren von der Erbengemeinschaft Seitz erworben, um Optionen zu erhalten, den Einfahrtsbereich zur Kulturhalle neu zu gestalten. Sprich: das Haus sollte abgerissen werden, um die Zufahrt zu verbreitern.
Der Magistrat teilte nun mit, dass mit KiR ein Nutzungsvertrag geschlossen wurde, der eine kostenlose Nutzung bei Übernahme der Nebenkosten beinhaltet. Der Vertrag läuft über lediglich 3 Monate, verlängert sich aber immer wieder um 3 Monate, wenn er nicht von einer der Parteien fristgerecht gekündigt wird. Weiter sieht der Magistrat das Haus als Provisorium, an dem damaligen Beschluss, das Haus irgendwann abzureißen, um die Einfahrtsituation zu verbessern, wird festgehalten. Allerdings gäbe es keinen konkreten Abrissplan.
In der Offenbach-Post vom 15.6.2012 ist nun eine harsche Kritik des Künstlervereins KiR an der FDP zu lesen, die eine Neiddebatte entfachen will und sich nicht informiert hätte.
Wie ist das ganze nun zu bewerten?
Nun, die Anfrage hatte einen rein sachlichen Charakter und diente ausschließlich der Wissensbeschaffung. Wir wollten dann intern diskutieren, wie wir mit den erhaltenen Informationen umgehen. Und selbstverständlich haben wir uns informiert.
Meine Meinung hierzu ist ganz eindeutig: Es war richtig von der Stadt, auf Anfrage von KiR dem Verein das Haus zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt war unklar, wie lange das Haus noch steht, ein Abriss innerhalb von 2 Jahren war wahrscheinlich. Ohne größere Investitionen ließ sich das Haus nicht mehr vermieten, bei einem mittelfristigen Ziel „Abriss“ hätten sich diese Investitionen niemals gelohnt. Außerdem birgt ein Mietvertrag immer die Gefahr, dass man den Mieter trotz vertraglicher Regelung nicht rechtzeitig aus dem Gebäude wieder heraus bekommt.
Auch die kostenfreie Nutzung findet für die Anfangszeit meine Zustimmung. Es war eine Win-Win-Situation. KiR hat sich des Hauses angenommen, hat es belebt und verschönert, dieses doch markante Gebäude im Stadtzentrum ist nun von außen eher als Schmuckstück denn als Schandfleck zu bezeichnen. Dafür gebührt KiR höchste Anerkennung.
Was hat sich nun geändert?
Die Ausgangslage. Bedingt durch die deutlich verschlechterte Finanzlage der Stadt ist eine Umgestaltung des Kulturhallenvorplatzes inklusive des Einfahrtsbereiches von der Dieburger Straße in weite Ferne gerückt. Auch die Diskussionen der CDU/AL-Koalition zur Belebung des Platzes inklusive Abriss des alten Feuerwehrhauses sind in meinen Augen unbezahlbare Wunschträume. Es ist durchaus legitim, sich solche Gedanken zu machen, aber ich sehe in den nächsten Jahren keine reelle Chance der Umsetzung. Es ist einfach kein Geld da. Und damit ist auch der Abriss des KiR-Hauses in weite Ferne gerückt.
KiR konnte die Immobilie nun geschätzte 3 Jahre lang kostenfrei nutzen. Das war in Ordnung so. Damit ist in meinen Augen aber auch das nach außen sichtbare Engagement wertmäßig abgegolten. Eine weitere komplett kostenfreie Nutzung ist in meinen Augen nicht mehr zu rechtfertigen. In der gleichen Sitzung, in der die kostenfreie Nutzung des Seitz-Hauses durch den Verein KiR bekannt gegeben wurde, hat die Stadtverordnetenversammlung die Nutzungsgebühren für alle städtischen öffentlichen Gebäude, z.B. für die Kulturhalle, deutlich erhöht, was besonders die anderen Rödermärker Vereine finanziell mehr belasten wird. Hier sollte von Seiten der Stadt dann doch mehr Gleichbehandlung stattfinden, sonst wird eine Neiddebatte von ganz alleine aufkommen.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Vorsitzende von KiR, Sylvia Baumer, mittlerweile ehrenamtliche Stadträtin ist, also über diese Frage direkt mit zu entscheiden hat. Deshalb hat es für mich auch einen faden Beigeschmack, wenn Frau Baumer selbst in dieser Sache für KiR spricht, wie jetzt über die Offenbach-Post geschehen. Hier wäre besser ein anderes Vorstandsmitglied zu Wort gekommen.
Mein Vorschlag
Nach meiner Meinung sollten Stadt und KiR sich zusammensetzen und den Nutzungsvertrag dahingehend abändern, dass ab sofort eine monatliche Nutzungsgebühr fällig wird. Der durchschnittliche Mietpreis in Rödermark liegt zurzeit irgendwo bei 7,50 €/qm. Ich weiß es nicht, schätze aber einmal, dass das Haus rund 100 qm Nutzfläche besitzt. Der Zustand des Hauses macht eine Vermietung als Wohnfläche zu Marktpreisen unmöglich. Aber es gibt auch einen Markt für Lagerflächen. Ich vermiete selbst einige davon und kann von einer hohen Nachfrage berichten. Je nach Zustand und Nutzungsmöglichkeit bekommt man für kleinere Lagerflächen zwischen 1,50 und 2,50 €/qm. Ich würde für das Seitz-Haus 2 €/qm ansetzen und käme damit auf eine monatliche Nutzungsgebühr von 200 €. Das wäre für mich die Untergrenze, sollte für KiR tragbar sein und würde sämtliche schädliche Debatten beenden. Zum Vergleich: Der NABU Rödermark zahlt für 2 kleine Räume in der Immobilie Odenwaldstr. 70a, die ebenfalls in keinem guten Zustand ist, 240 €/Monat Warmmiete an die Stadt. Wenn uns jemand ein Gebäude wie das KiR-Haus für 200 € kalt anbieten würde, würden wir wahrscheinlich sofort ‚ja’ sagen …
Fazit
Kein Vorwurf an die Stadt, Anerkennung der bisherigen Leistung von KiR zur Verschönerung dieses Gebäudes, aber in Zukunft bitte keine kostenfreie Nutzung mehr, sondern Zahlung einer geringen Nutzungsgebühr, die dem Verein Luft zum Leben lässt und dem Vorwurf einer Ungleichbehandlung der Rödermärker Vereine die Grundlage entzieht.
Rüdiger Werner
Marienstr. 19
16.06.2012
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Blogbeitrag

Gebührenerhöhungen – wie man es nicht machen sollte!

Gebührenerhöhungen – wie man es nicht machen sollte! — von Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
03.12.2012
Seit 3 Tagen ist es heraus, die Bombe ist geplatzt: deutliche Gebühren-erhöhung im Betreuungsbereich bereits zum Jahreswechsel! Was hat sich die Stadt dabei gedacht? Musste das „Wie“ so sein, wie es jetzt ist? Meine ganz klare Meinung ist: nein! Seit 10 Monaten ist klar, dass die Gebühren angehoben werden sollen, 10 Monate hatte man Zeit, mit den Eltern zu diskutieren, Vorschläge auszuarbeiten und durchzurechnen. Geschehen ist nichts! Aber dazu später mehr, erst einmal kurz die Faktenlage vor den Abstimmungen.
Die Fakten
Die Gebührung für die Betreuung von Kindern in den Kindergärten und Krabbelgruppen steigen zum 1. Januar um 6,6 – 25 %, zumindest für alle, die für ihre Kinder nur eine Betreuung zwischen 8 und 16 Uhr benötigen. Eine Betreuung von 7 Uhr und/oder bis 17 Uhr kostet nach dem neuen Modell zwischen 23 und 50 % mehr. Eine Ganztagsbetreuung in der Kita Lessingstraße erhöht sich sogar um 76 %. Was ist daran so schlimm? Diese Frage erscheint weniger ketzerisch, wenn man die Gesamtsituation der Stadt Rödermark kennt. Der Kinderbetreuungsbereich ist mit rund 7 Millionen € jährlich defizitär. Der Kostendeckungsgrad der Elternbeiträge an den tatsächlich anfallenden Kosten der Stadt beträgt bei Kitas und Krabbel¬gruppen gerade einmal 10–11 %. Dieser Anteil hat sich in den letzten Jahren mehr als halbiert, da die Leistungen stark ausgeweitet wurden (längere Öffnungszeiten, mehr Ganztagsplätze, kleinere Gruppengrößen, mehr Betreuungspersonal), teils freiwillig durch die Stadt, teils durch übergeordnete Verordnungen. Die Stadt hat es versäumt, diese höheren Kosten durch Anpassung der Gebühren zumindest teilweise auszugleichen. Nimmt man die Aktion Gesundes Frühstück heraus, die im letzten Jahr die Gebühren um 10 € ansteigen lies, wurden die Gebühren seit 14 Jahren nicht mehr erhöht. Auf 14 Jahre verteilt fallen die jetzt in der Diskussion stehenden Gebührenerhöhungen im Schnitt geringer aus als die jährliche Preissteigerungsrate.
Die Umsetzung
Die FDP hat bei den Haushaltsberatungen im vergangenen Jahr erstmalig eine signifikante Absenkung der Subventionen im Kindergartenbereich gefordert, gleichbedeutend mit einer Gebührenerhöhung. Damit war die politische Diskussion eröffnet. Uns war klar, dass die von uns vorgeschlagene Höhe zwar eigentlich notwendig und gerechtfertigt wäre, aber niemals auf einem Schlag durchsetzbar wäre. In der Diskussion haben alle Parteien gefordert, dass es zu einer Gebührenerhöhung kommen müsse, aber sozial verträglich und nach einem intensiven Diskussionsprozess mit den Betroffenen. Der Wortlaut des interfraktionellen Beschlusses vom 14. Februar 2012 lautet:
„Ein Konzept zur Anpassung aller Gebühren ist bis zum Ende des 2. Quartals 2012 vorzulegen. Hierbei sind folgende Themenfelder einzubeziehen:
Erhöhung der Benutzungsgebühren in den städtischen U3-Einrichtungen, Erhöhung der Benutzungsgebühren in den städtischen Kindertagesstätten, Erhöhung der Benutzungsgebühren in den Horten und kostendeckende Essenspauschalen in allen städtischen Einrichtungen.“
Es war eigentlich jedem klar, dass die Verwaltung nun bis zum Jahresende die Aufgabe hat, sich mit den Betroffenen zusammenzusetzen, um das Wie und die Höhe einer Gebührenerhöhung zu diskutieren. Irgendwann in der 2. Jahreshälfte würde dann die Vorlage für eine neue Gebührensatzung auf der Tagesordnung stehen, die dann zum 1. Januar 2013 in Kraft treten wird. Das wäre der richtige Weg gewesen. Auf Nachfrage meinerseits bei einer interfraktionellen Runde im April, wann denn eine Veranstaltung mit den Eltern geplant ist, wurde mir mitgeteilt, dass dies nicht geplant ist. Der Punkt Gebührenerhöhung wäre Bestandteil einer Frage zum Stadtleitbild und würde auch wieder bei der 2. Befragung zum Haushalt abgefragt. Das würde ausreichend sein. Mein Einwand, dass man hier – im Gegensatz zu Fragen zur Grundsteuer oder dem Straßenbau – eine exakt definierte Bevölkerungsgruppe als Ansprechpartner hätte, die auch noch namentlich bekannt sind und über ihre Elternvertreter über einen Organisationsgrad verfügen, den andere nicht haben, und dass es sehr einfach wäre, exakt für diese Bevölkerungsgruppe eine Informationsveranstaltung zum Thema zu organisieren, aus der sich dann wiederum ein Runder Tisch bildet, der das Thema bis zur Beschlussreife diskutiert, wurde von der Verwaltung wie von den anderen Parteien überhaupt nicht aufgegriffen. Unnötig, dann würden andere Gruppen das auch fordern, übersteigt unsere Möglichkeiten …
Ich habe dann im Vorfeld der Haushaltseinbringung noch einmal nachgefragt, wann denn das Thema Gebührenerhöhung angegangen wird. Erst mal Leitbild und Schutzschirm, dann Mitte November würde das kommen. Tatsächlich hat erster Stadtrat Sturm dann Mitte November erstmalig einen Konsolidierungs¬vorschlag für den städtischen Haushalt mit Abbaupfaden bis 2018 vorgestellt, der als eine wesentliche Maßnahme die Erhöhung der Gebührenbeiträge im Betreuungsbereich mit Wirksamkeit 2013 enthält. Es wurde auch das Modell mit Verringerung der Kernzeit und Zukaufsstunden an den Rändern vorgestellt und begründet. Hierzu gab es keinen Widerspruch, eine Diskussion diesbezüglich fand allerdings auch nicht statt. Einige Tage später wurde in einer weiteren nichtöffentlichen Sitzung über die Umsetzung gesprochen. Es erschien der Mehrzahl der Beteiligten unrealistisch, eine Erhöhung zum 1. Januar wirksam werden zu lassen, der 1. März wurde als der bessere Zeitpunkt benannt. Eine Umsetzung erst im Sommer mit dem neuen Kindergartenjahr geht nicht, da dann die Konsolidierungssumme nicht mehr erreicht wird bzw. die Erhöhung doppelt so hoch ausfallen muss. Es wurde auch die Problematik des Anhörungsrechts des Elternbeirats laut Satzung angesprochen. Da sich das Anhörungsrecht auf Teile des Haushaltsplans und nicht auf die Gebührensatzung bezieht, gäbe es aber formell-rechtlich auch keine Probleme mit dem engen zur Verfügung stehenden Zeitplan. Man hätte zwischen Konsolidierungsbeschluss und Inkrafttreten genügend Zeit, die Stellungnahmen der Betroffenen einzuholen, die Umfrage bezüglich Zukaufstunden durchzuführen und die neuen Gebührenbescheide zu erstellen und zu verschicken. Eine Diskussion über die vorgeschlagene Höhe oder über das prinzipielle Vorgehen gab es nicht. Der Weg erschien uns in der Kürze der Zeit gangbar. Nur 6 Tage später wurde in einer öffentlichen Sitzung zumindest für mich völlig unerwartet verkündet, dass die Erhöhung nun doch schon zum 1. Januar wirksam sein soll. Daraufhin wurden die Entwürfe der neuen Gebührensatzungen verteilt. Wir konnten wenigstens erreichen, dass diese Satzungsbeschlüsse wir vom Gesetzgeber vorgesehen vorher in einem Haupt- und Finanzausschuss auf der Tagesordnung stehen und diskutiert werden.
Meine Kritik
Die erste Kritik habe ich schon genannt: es hätte nie dazu kommen dürfen, dass die Kindergartengebühren 14 Jahre lang unangetastet geblieben sind.
Die zweite und wesentliche Kritik betrifft die Unfähigkeit des Magistrates bzgl. der Umsetzung von Beschlüssen. Es liegt ein eindeutiger Beschluss aller politischen Fraktionen vor, bis Ende Juni ein Konzept zur Gebührenerhöhung vorzulegen. Dies wurde versäumt bzw. verweigert. Was sind Beschlüsse denn noch Wert, wenn solch ein Verhalten zur Regel wird? Auch hat die CDU-AL/Grüne Koalition bei den Haushaltsberatungen Anfang des Jahres immer wieder betont, wie wichtig der Dialog mit den Betroffenen ist, wie wichtig es sei, solche Gebührenanpassungen sorgfältig vorzubereiten. Ich wiederhole mich nur ungerne, aber seit 10 Monaten ist klar, dass die Gebühren angehoben werden sollen, 10 Monate hatte man Zeit, mit den Eltern zu diskutieren, Vorschläge auszuarbeiten und durchzurechnen. Geschehen ist nichts! Der Magistrat blieb komplett Untätigkeit! Jetzt soll im Schweinsgalopp eine Gebührenanpassung schon zum 1. Januar 2013 mittels Satzungsänderung beschlossen werden, die weder mit den Betroffenen erörtert noch politisch im Detail diskutiert wurde. Das ist kein gereifter demokratischer Prozess, das ist eine Kapitulation vor dem Zeitdruck, eine Aufzwingung von unveränderlichen Tatsachen. Mit diesem Prozess bin weder ich noch die FDP einverstanden, es ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. 3 Tage vor der Abstimmung über den Satzungsbeschluss die betroffenen Elternbeiräte per Brief zu informieren und zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von 3 Tagen zu nötigen, ist nicht nur schlechter Stil, es ist fast eine Frechheit. Hier habe ich vollstes Verständnis für die Reaktion der Eltern.
Nach vielen Gesprächen mit den Betroffenen in den letzten Tagen glaube ich nicht, dass sich die Eltern mehrheitlich über die Erhöhung an sich aufregen, sondern über das Wie. Ohne Vorankündigung, ohne Diskussion, ohne Vorlaufzeit. In meinen Augen wäre es wichtig gewesen, wenn die Mehrheit der Elternschaft die Erhöhung mit getragen hätte. Das wäre sicherlich der Fall gewesen, hätte man sich die Zeit genommen mit Ihnen zu sprechen, Ihnen die Ausgangssituation erklärt und mit ihr alternative Modelle diskutiert. Wurde alles nicht gemacht.
Aus meiner Sicht kann die jetzt vorliegende Satzung nur ein Provisorium sein, das die Mehreinnahmen für 2013 sichert. Die versäumte Diskussion mit den Betroffenen muss aus Sicht der FDP zwingend nachgeholt werden, auch die eigentliche Diskussion in den politischen Gremien muss noch geführt werden. Die kommenden Monate sollten genutzt werden, hier ein für alle Beteiligten tragfähiges Modell zu entwickeln, das die Schritte hin einem noch zu bestimmenden Konsolidierungsendziel festlegt und so Planungssicherheit für die Zukunft schafft – für die Eltern wie für die Stadt. Die Versäumnisse des Jahres 2012 müssen einmalig bleiben.
Nicht dass mich jemand falsch versteht: die FDP hält nicht die Gebührenerhöhung an sich für verkehrt, diese ist zwingend notwendig und wird von uns mitgetragen. Dafür kritisieren wir aber umso mehr das jetzt gewählte Umsetzungsverfahren. Das werden wir auch in den kommenden Tagen folgenden Diskussionen klar zum Ausdruck bringen.
Dr. Rüdiger Werner
Marienstr. 19
3. Dezember 2012
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Blogbeitrag

Ortsdurchfahrt Urberach

Ortsdurchfahrt Urberach: FDP lehnt externe Fachplanungen und komplette Neugestaltung ab. Von Dr. Rüdiger Werner

 

Dr. Rüdiger Werner
Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
10.09.2012
Anders als alle anderen Fraktionen im Stadtparlament sieht die FDP Rödermark bezüglich größerer baulicher Veränderungen an der Ortsdurchfahrt keinen akuten Handlungsbedarf.
Zum einen bezweifelt die FDP die Gültigkeit der von allen anderen politischen Gruppierungen als Begründung herangezogenen Behauptung, dass es nach Fertigstellung der Ortsumfahrung Offenthal zu einer starken Zunahme des Durchgangsverkehrs durch Urberach kommen wird. „Zunehmendes Umweltbewusstsein, stetig steigende Treibstoffkosten, zunehmender Verzicht auf das eigene Auto, der Trend zum Homeworking und damit sinkender Pendlerfahrten und vor allem der demographische Wandel verbunden mit einer starken Abnahme der erwerbstätigen Bevölkerung – alle Makrotrends sprechen mittelfristig für eine Abnahme des motorisierten Individualverkehrs“, so FDP-Fraktionsvize Dr. Rüdiger Werner. Mehrverkehr kann daher nur durch Verlagerung entstehen, z.B. von der K-L-Trasse von Eppertshausen über Messel nach Offenthal auf die B 486. Die K-L-Trasse gewinnt aber auch ohne die von Rödermark geforderten Umbaumaßnahmen allein durch die neue Asphaltdecke und die verkürzte Strecke durch die Ortsumfahrung Offenthals an Attraktivität, so dass eine Verlagerung auf die B 486 durch Urberach wenig wahrscheinlich ist. Dies wird nur passieren, wenn die Veränderungen in der Ortsdurchfahrt so massiv wären, dass sich die Durchfahrtszeit um mehrere Minuten verlängert wird. „Solche Maßnahmen, die besonders die Bürger Rödermarks stark belasten würden,“ so Dr. Werner abschließend, „lehnt die FDP strikt ab! Generell sollten wir hier erst einmal die tatsächliche Entwicklung abwarten und nicht in blinden Aktionismus verfallen – Stauproduktion kann kein ernstgemeintes politisches Ziel sein.“
Weiterhin ist die Ortsdurchfahrt eine Bundesstraße, die Planungshoheit liegt daher nicht bei der Stadt, vielmehr entscheidet die Landesbehörde Hessen Mobil über jede bauliche Veränderung. „Es macht auch unserer Sicht überhaupt keinen Sinn“, so FDP-Fraktionsvorsitzender Tobias Kruger, „für wieder mindestens rund 25.000 € eine Neugestaltung der Ortsdurchfahrt von einem Planungsbüro durchplanen zu lassen, um dann von Hessen Mobil zu erfahren, dass 90 % der geplanten Maßnahmen auf ein Veto des Straßenbaulastträgers stoßen.“ Bevor irgendwo etwas konkret geplant und wieder Geld für bunte Pläne verschwendet wird, sollte daher das Gespräch mit Hessen Mobil gesucht werden, um zu erfahren, an welchen Stellen es überhaupt denkbar ist, etwas zu verändern und welche Ziele mit den Änderungen verfolgt werden soll. Zudem müssen zwingend bei allen Gestaltungsszenarien die anliegenden Anwohner UND Gewerbetreibenden eingebunden werden – bevor die erste Planskizze zu Papier kommt!
Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass auch bei den prinzipiell erlaubten Veränderungen ein Großteil der Kosten dann von der Stadt getragen werden muss. Die unstrittig angespannte Finanzlage der Stadt lässt größere Investitionen, wie die von der Koalition ins Spiel gebrachte Aufpflasterung am Dalles, aber aus Sicht der FDP Fraktion – zumindest aktuell – nicht zu. „Sicherlich gäbe es einige sinnvolle Veränderungsmaßnahmen wie Kreisverkehre und Querungshilfen, die bei gesicherter Finanzierung auch unsere Zustimmung finden würden“, so Kruger’s Fazit, „aber angesichts der leeren Kassen gibt es kurzfristig sicher dringlichere Aufgaben für die Stadt. Man kann jeden Euro leider nur einmal ausgeben. Die Gelder, die das von der SPD geforderte Planungsbüro kosten würde, sollte man definitiv sinnvoller verwenden bzw. anlegen.“ (rw)
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Blogbeitrag

Straßenbeiträge – muss das sein?

Für Blogartikel sind die jeweils benannten Autoren allein verantwortlich.
Für Blogartikel sind die jeweils benannten Autoren allein verantwortlich.

Wiederkehrende Straßenbeiträge /Straßenbeitragssatzung – muss das sein? – Von Dr. Rüdiger Werner

 

Dr. Rüdiger Werner
Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
15.03.2013
Um es vorwegzunehmen: Ja, das muss wohl sein. In diesem Blog möchte ich kurz die Unterschiede der beiden Fälle beschreiben, den verbliebenen Handlungsspielraum der Politik aufzeigen, die Größenordnung der neuen Abgabe abschätzen sowie den Standpunkt der FDP beleuchten.
Vorgeschichte
Ein Haushalt wird von der Stadtverordnetenversammlung verabschiedet, in Kraft tritt er aber erst nach seiner Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Das war bis jetzt der Landrat, mit dem Rettungsschirm wird es der Regierungspräsident sein. Die Aufsichtsbehörde ist gesetzlich dazu verpflichtet, defizitäre Haushalte nur zu genehmigen, wenn alle möglichen Einnahmequellen durch eine Gemeinde bereits ausgeschöpft sind. Zu diesen Einnahmequellen gehört auch die Beteiligung der Anlieger an Straßenbaumaßnahmen/Straßensanierungen durch Erschließungsbeiträge bzw. eine Straßenbeitragssatzung. Nach meinem Kenntnisstand forderte die Aufsichtsbehörde erstmals Mitte des vergangenen Jahrzehnts die Einführung einer solchen Satzung. Damals hat sich die CDU/FDP-Koalition dahingehend geeinigt, statt eine Straßenbeitragssatzung zu beschließen die Grundsteuer B um 40 Basispunkte zu erhöhen, somit Mehreinnahmen von etwa 400.000 € zu generieren und um die ungeliebte Straßenbeitragssatzung herumzukommen. Diese Erhöhung sollte zeitlich limitiert sein und bei einem ausgeglichenem Haushalt zurückgenommen werden. Die Realität war eine andere, es kam die Bankenkrise, trotz Grundsteuererhöhung stieg das jährliche Defizit von unter 3 auf über 9 Mill. € an und bei jeder Genehmigung des Haushalts forderte die Aufsichtsbehörde vehement die Einführung einer Straßenbeitragssatzung. Schon 2010 kündigte die Landesregierung an, hier eine Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen und das rheinland-pfälzische Modell eines wiederkehrenden Straßenbeitrages auch in Hessen zu ermöglichen. Diese angekündigte Gesetzesänderung gab Kommunen wie Rödermark einen Aufschub, bis zur Verabschiedung des Gesetzes musste hier kein Vollzug gemeldet werden. Nun ist das Gesetz seit einigen Monaten verabschiedet, Rödermark ist weiterhin hochdefizitär und mittlerweile Rettungsschirmkommune. Die Einführung einer Beteiligung der Anwohner an grundhaften Straßensanierungen in Form einer Straßenbeitragssatzung oder wiederkehrender Straßenbeiträge ist daher nun zwangsläufig eine grundsätzliche Bedingung der Aufsichtbehörde zur Genehmigung des Haushaltes, der man sich nicht länger entziehen kann.
Straßenbeitragssatzung oder wiederkehrender Straßenbeiträge?
Straßenbeitragssatzung heißt, dass Anwohner an der grundhaften Sanierung einer Straße finanziell beteiligt werden. Je nach Nutzungsart muss eine Straße alle 40 bis 80 Jahre grundhaft saniert werden, d.h. auch der Unterbau wird erneuert. Dies ist eine Investitionsmaßnahme, an der der Bürger beteiligt werden kann. Anders sieht es mit Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen bis hin zur Erneuerung der Fahrbahndecke aus. Instandhaltungsmaßnahmen werden aus allgemeinen Haushaltsmitteln bestritten, für die der Bürger nicht zur Kasse gebeten werden kann. Wird die Straße, an der ein Bürger wohnt, grundhaft saniert, werden dafür die Kosten errechnet. Die Stadt trägt immer auch einen Eigenanteil. Bei den meisten Straßen in Wohnvierteln sind dies 25 %, bei innerörtlich bedeutsamen Zubringerstraßen sind dies 50 % und bei Straßen von überörtlicher Bedeutung 75 % der Gesamtkosten. Wird z.B. eine Straße in einem Wohnviertel saniert, tragen die Anwohner 75 % der Kosten, die dann nach einem bestimmten Schlüssel auf die Anwohner aufgeteilt werden. Der Anteil einer einzelnen Liegenschaft kann hier schnell einmal 5.000 bis 15.000 € betragen. Hat man als Anwohner diesen Beitrag geleistet, hat man in der Regel für über 50 Jahre Ruhe.
Anders bei den wiederkehrenden Beiträgen. Hier wird der Sanierungsbedarf in einem Abrechnungsbezirk in den nächsten 5 Jahren ermittelt, die summierten Kosten werden dann durch 5 geteilt und auf alle Anwohner in diesem Abrechnungsbezirk verteilt. Jeder Bürger hat daher jedes Jahr einen „wiederkehrenden“ Beitrag zur Sanierung der Straßen zu leisten. Aus der Einmalzahlung wird sozusagen eine Ratenzahlung. Die jährliche Rate kann dabei deutlich variieren, liegt aber im Schnitt nur im niedrigen dreistelligen Bereich. Die Einstufung der Straßen bzgl. Fremdnutzung, d.h. die Einteilung in 25, 50 und 75 % Straßen ist übrigens identisch, die Kommune hat also bei keinem der beiden Modelle einen Vorteil.
Welchen Handlungsspielraum hat die Politik?
Nur einen kleinen. Man kann – wie wir von der FDP – noch so sehr gegen eine Mehrbelastung der Bürger sein, hier hat man keine Wahl, diese Mehrbelastung wird kommen. Es wäre daher unseriös, sich gegen beide Varianten zu positionieren. Der Gesetzgeber lässt ausdrücklich beide Varianten zu, die wichtigste politische Frage ist es also, sich für eine der beiden Möglichkeiten zu entscheiden. Bei den wiederkehrenden Straßenbeiträgen müssen außerdem die Abrechnungsbezirke durch die Politik festgelegt werden. Dies können Wohnbezirke, Ortsteile oder aber auch das ganze Gemeindegebiet sein. Außerdem entscheidet die Politik natürlich auch darüber, welche und wie viele Straßen in einem Jahr saniert werden. Sie entscheidet also in einem Fall darüber, wie viele Bürger mit hohen Einmalbeträgen belastet werden und im anderen Fall, wie hoch der Jahresbetrag für alle Bürger in einem Abrechungsbezirk ausfällt. Gewisse Spielräume gibt es wohl noch bei den Berechnungsgrundlagen der Verteilung der Kosten auf die einzelnen Anwohner. Viel mehr Handlungsspielräume sehe ich im Moment nicht.
Welche Kosten kommen auf die Bürger zu?
Die grundhafte Sanierung einer Straße kostet über den Daumen gepeilt 100 €/qm, d.h. 1.000 € pro Meter Straße (inkl. Bürgersteige). Für den Fall einer 300 m langen Wohnstraße mit 30 anliegenden Grundstücken in einer Gemeinde mit Straßenbeitragssatzung bedeutet dies: Die grundhafte Sanierung kostet etwa 300.000 €, 75.000 € davon zahlt die Stadtkasse, 225.000 € müssen die Bürger zahlen. Angenommen alle Grundstücke sind gleich groß, alle Straßenfronten sind gleich lang und überall stehen gleich große Zweifamilienhäuser, würde jedem Grundstückseigentümer nach der Sanierung eine Rechnung in Höhe von 7.500 € ins Haus flattern.
Der häufigste Fall der Verteilung scheint folgender zu sein: die Grundstücksfläche wird mit einem Nutzungsfaktor multipliziert, der sich u.a. an der Geschosszahl von Wohngebäuden und an der generellen Nutzungsart der Fläche orientiert. Die Berechnung des Nutzungsfaktors wird in der Satzung festgelegt. So wird für jedes Grundstück eine Kennzahl ermittelt, die Kennzahlen aller Anlieger werden aufaddiert, der zu verteilende Betrag wird durch diese Summe der Kennzahlen geteilt und dann mit den Kennzahlen der einzelnen Grundstücke multipliziert, um für jeden Anwohner den exakten Anteil zu berechnen.
Die Berechnung im Falle der wiederkehrenden Straßenbeiträge sähe folgendermaßen aus. Rödermark hat etwa 100 km Gemeindestraßen. Würden alle gleichzeitig grundhaft saniert, würde dies etwas 100 Millionen € kosten. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer einer Straße von 50 Jahren beliefen sich die jährlichen Sanierungskosten auf etwa 2 Mill. €. Wenn man davon ausgeht, dass 75 % der Straßenlänge auf Wohnstraßen fällt, läge der durchschnittliche Anteil der Bürger an den Gesamtkosten bei 65 %, d.h. rund 1,3 Mill. €. Angenommen, die Sanierungen verteilen sich gleichmäßig auf alle Abrechnungsbezirke, ergäbe das bei etwa 7.200 Grundstücken in Rödermark eine Größenordnung von durchschnittlich etwa 180 € pro Grundstück oder 50 € pro Person jährlich. Wobei dies alles immer Durchschnittswerte sind, die je nach Grundstücksgröße, Geschosszahl, Bewohnerzahl und Zahl der im Abrechnungszeitraum tatsächlich sanierten Straßen schwanken können. Die Zahl wird aber immer überschaubar bleiben.
2 Faktoren müssen in diesem Zusammenhang noch erwähnt werden: Grundhafte Sanierungen sind Investitionen, auch der Eigenanteil der Stadt fällt daher meines Erachtens unter die Investitionen und die sind in Rödermark zurzeit durch die selbstauferlegte Schuldenbremse gedeckelt. 2011-2013 waren das jeweils unter 600.000 € im Jahr. Da jedes Möbelstück, jeder Computer, jede neue Software, jedes Spielgerät, jede Parkbank aus diesem Topf bezahlt werden müssen, bleibt für Straßensanierungen so gut wie nichts mehr übrig. Wenn 35 % städtischer Anteil nicht mehr als z.B. 350.000 € sein dürfen (wie z.B. im Haushalt 2012), würden sich auf die Bürger auch nur 650.000 € verteilen, die eben genannten Zahlen würden sich halbieren.
Die Schuldenbremse hat aber auch zur Folge, dass es notgedrungen zu einem Investitionsstau kommt. Daneben ist zu beachten, dass eine Vielzahl von Ortsstraßen während des Baubooms in den 50er und 60er Jahren gebaut wurden und bisher noch nicht saniert wurden. Ganze Wohngebiete wie Breidert oder Jochert wurden in den 70er Jahren hochgezogen, d.h. hier steht in den nächsten 20 Jahren eine Sanierung an. Die Folge ist, dass der Sanierungsbedarf sich nicht gleichmäßig auf die angenommenen 50 Jahre verteilt, sondern in den nächsten 20 Jahren seinen Höhepunkt haben wird. Würde auf der städtischen Seite das Geld bereit stehen, wären also im nächsten Jahrzehnt auch deutlich höhere jährliche Beiträge möglich und notwendig. Da das Geld auf städtischer Seite voraussichtlich aber bei weitem nicht in der benötigten Größenordnung bereit steht und im Zuge der Sparmaßnahmen unter dem Rettungsschirm auch noch die eh schon deutlich zu niedrigen Instandhaltungsbudgets auf ein Minimum zusammengestrichen werden, ist die Konsequenz ein sinkender Bilanzwert unserer Gemeindestraßen und eine dramatische Verschlechterung der Straßenzustände auf 20-Jahre-Sicht.
Erwähnt werden sollte auch noch, dass Straßenbeitragssatzung und wiederkehrende Beiträge sich nicht nur auf Straßen beziehen, sondern auch Plätze, Gehwege, Fußgängerzonen, Radwege, Begleitgrün und einiges mehr mit eingeschlossen sind. Hierfür stehen in der Satzung in der Regel einige, meist für die Anwohner etwas günstigere Beteiligungsprozentsätze.
Warum ich mich für wiederkehrender Straßenbeiträge ausspreche
Keine Frage: die Einführung einer weiteren Abgabe tut uns als bürgerlicher Partei besonders weh. Wir setzen uns ja bekanntlich dafür ein, die Abgabenlast so gering wie möglich zu halten und fordern stattdessen mehr Eigenverantwortung der Bürger ein. In diesem Fall stellt sich aber wie bereits gesagt die Frage gar nicht.
Es bleibt, die Vor- und Nachteile der beiden Varianten gegeneinander abzuwägen und eine Entscheidung zu treffen. Meine Entscheidung ist dabei pro wiederkehrende Beiträge gefallen. Eine Straßenbeitragssatzung hat den Vorteil, dass man sich auf rechtlich sicherem Terrain bewegt. Der Verwaltungsaufwand ist etwas geringer. Nutzungsfaktoren und Kennzahlen sind nur von den anliegenden Grundstücken zu ermitteln, die Zahl der jährlichen Bescheide beträgt je nach Sanierungsplan nur einige wenige bis einige Hundert. Nachteilig sind die hohen Einmalbeträge, die von vielen Anwohnern vermutlich gar nicht zu stemmen sind, die damit verbundenen zu erwartenden Einnahmeausfälle sowie vor allem die Gerechtigkeitsfrage.
Wiederkehrende Straßenbeiträge haben den Vorteil, dass sie zwar wiederkehrend sind, d.h. wie eine zweite Grundsteuer wirken, aber dafür in ihrer Höhe für die allermeisten Personen leistbar sind (wiederkehrende Beiträge sind umlagefähig, sie würden einen ähnlichen Effekt wie eine weitere Grundsteuererhöhung um 50-100 Basispunkte haben). Die Zahl der Zahlungsausfälle wird geringer sein. Dafür ist eine gewisse Rechtsunsicherheit nicht auszuschließen, d.h. es werden mehr Widersprüche und Klagen gegen die Bescheide zu erwarten sein. Der Verwaltungsaufwand ist dagegen unstrittig höher. Es müssen einmalig für alle Grundstücke Nutzungsfaktor und Kennzahl ermittelt werden, es muss eine Vorabschätzung der Sanierungsmaßnahmen der nächsten 5 Jahre erfolgen und eine Nachberechnung nach Ausführung der Arbeiten, die Zahl der jährlichen Bescheide beträgt rund 7.200, bei jeder Änderung im Abrechnungsbezirk (Aufstockung, Neubau, Anbau, Abriss etc.) muss die Aufteilung leicht korrigiert werden. Die Einmalkosten sowie die Overheadkosten sind daher deutlich höher, der Verwaltungsaufwand in Relation zu den erzielten Einnahmen ist zweifelsohne ungünstiger. Aus rein organisatorischer und finanzieller Sichtweise müsste man also für eine Straßenbeitragssatzung stimmen.
Der für mich entscheidende Faktor ist aber die Gerechtigkeit. Jemand wie ich, der in einer 2006 grundsanierten Straße wohnt, wäre fein raus. Voraussichtlich erst 2060 würde ich zur Kasse gebeten werden (wenn ich dann noch leben sollte). Der Kollege in der Straße 200 m weiter soll dagegen 8.000 € auf einen Schlag jetzt zahlen, nur weil er das Pech hatte, dass seine Straße 2014 auf dem Plan stand und meine 2006. Anlieger von Landes- und Bundesstraßen haben diesmal auch ein gutes Los gezogen. Ihre Straßen werden kostenfrei saniert, lediglich für die Gehwege müssen sie einen verschmerzbaren Einmalbeitrag zahlen. Der Kleinunternehmer, der neben seinem Betrieb im Gewerbegebiet wohnt, wird auch betröppelt auf seinen Bescheid schauen. Zwar werden Gewerbestraßen in der Regel mit maximal 50 % Anwohneranteil abgerechnet, aber dafür sind die meisten von ihnen in Rödermark ziemlich marode, müssen in den nächsten 15 Jahren definitiv saniert werden und sind aufgrund ihres größeren Straßenquerschnitts ungleich teurer. Da auch die Grundstücke größer sind und die Zahl der Anwohner geringer ist, können hier schnell hohe fünfstellige Beträge zustande kommen. Paradebeispiel für die Ungerechtigkeit ist jedoch die Witwe, die alleine in ihrem Eigenheim aus den 50 Jahren mit einem großen Grundstück wohnt und jetzt mit einer Rente von 800 € monatlich gerade so über die Runden kommt. Wie soll diese Person einmalig 10.000 € Straßenbeitrag zahlen? Ich bin sicher, dieses Klischee könnte sich auch in Rödermark mehrere Hundert Mal erfüllen. Daher fordere an dieser Stelle auch ich, auch die FDP mehr Solidarität. Lieber wiederkehrende, kleinere Beiträge für alle Bürger als wenige große Einmalbeiträge, gegen sie man sich nicht wehren kann, die man nicht beeinflussen kann und die Existenzen vernichten können. Wenn wir schon eine weitere neue Abgabe einführen müssen, dann bitte so. Das sollte uns auch das Mehr an Verwaltungsaufwand Wert sein.
Ich würde übrigens dafür plädieren, nur 2 Abrechnungsbezirke einzuführen: Urberach, Bulau, Bienengarten und Messenhausen als einen Bezirk und Ober-Roden und Waldacker als einen zweiten Bezirk.
Abschließend möchte ich noch betonen, dass es eigentlich Aufgabe der regierenden Koalition, Aufgabe des Bürgermeisters wäre, der Bevölkerung die Einführung einer weiteren allgemeinen Abgabe zu erklären. Es ist sicher nicht meine Aufgabe als Opposition. Doch dort hat man dieses wichtige Thema immer schön flach gehalten. Erst müsse die Gesetzesvorlage aus Wiesbaden stehen, dann waren Leitbild, Haushalt 2013 und Abbaupfad für den Rettungsschirm wichtiger. Man hat die Grundsteuer kräftig erhöht – anders hätte man bei den selbstverschuldeten zeitlichen Verzögerungen bzgl. Sparpolitik die Vorgaben nicht mehr einhalten können – ohne den Bürger darauf vorzubereiten, dass mit einem Eigenanteil für die Straßensanierung (in welcher Form auch immer) 2013 ganz sicher eine weitere, neue Abgabe im Raum steht. Ob die Bevölkerung bei der Grundsteuererhöhung genauso ruhig geblieben wäre, wenn sie gewusst hätte, dass im gleichen Jahr die Einführung einer weiteren Abgabe beschlossen werden muss? Transparenz und gute Informationspolitik sieht anders aus.
Dr. Rüdiger Werner
Marienstr. 19
11. März 2013
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Blogbeitrag

Erster Stadtrat ehrenamtlich

Erster Stadtrat ehrenamtlich – warum ich dafür bin. Von Dr. Rüdiger Werner

 

Dr. Rüdiger Werner
Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
06.02.2013
Rödermark wird unter den kommunalen Schutzschirm schlüpfen und sich damit verpflichten, bis 2018 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Das bedeutet, dass bis dorthin das Ergebnis um rund 10,6 Mill. € gegenüber 2012 nachhaltig verbessert werden muss. Das ist erst einmal eine Zahl, die erst dann begreifbar wird, wenn man sie mit anderen Zahlen in Beziehung setzt. So liegt der Gesamtaufwand (ohne Finanzergebnis) 2013 bei rund 29,8 Mill. € (14,2 Mill. € Personalkosten und 15,6 Mill. € Sachkosten inkl. Abschreibungen). Würde man nur den Aufwand reduzieren, müssten 1/3 der Leistungen der Stadt wegfallen! Kennt man das Leistungsspektrum und vor allem die Pflichtaufgaben der Kommune, erkennt man schnell: das ist unrealistisch, das geht nicht! Die zur Verfügung stehenden Einnahmen betragen 2013 vor der Konsolidierung (inkl. Zuweisungen, Zuschüsse und Transferleistungen) rund 21,1 Mill. €. Diese Einnahmen sollen bis 2018 nun auf 25,9 Mill. € erhöht werden (auf Basis der Zuweisungen, Zuschüsse und Transferleistungen von 2012).
Um das Ganze noch plastischer zu machen: Würde Rödermark nicht konsolidieren, würden man von 2013 bis 2018 Ausgaben von 185,6 Mill. € haben bei Einnahmen von 126,6 Mill. €. Dazu käme ein Finanzergebnis von ca. 11 Mill. €, d.h. die Schulden Rödermarks würden um 70 Mill. € steigen, sich quasi verdoppeln.
Mit der jetzt eingeschlagenen Konsolidierung sind bis 2018 Ausgaben von 164,5 Mill. € und Einnahmen von 146,6 Mill. € geplant. Das sind 21 Mill. € weniger Ausgaben, 20 Mill. € mehr Einnahmen und nur noch rund 27 Mill. € neue Schulden (wer wissen will, woher ich die Zahlen habe und wie ich gerechnet habe, möge sich bitte bei mir melden). Diese Zahlen sollte man im Hinterkopf haben, wenn man die Frage des Ersten Stadtrates diskutiert.
Auswirkungen der Konsolidierung
20 Mill. Mehreinnahmen tun weh, vor allem den Bürgern, die sie aufbringen müssen. Höhere Grundsteuer, höhere Hundesteuer, höhere Kinderbetreuungsgebühren, höhere Friedhofsgebühren, höhere Feuerwehrgebühren, höhere Essenspauschalen im Betreuungsbereich, höhere Verwaltungsgebühren, wiederkehrende Straßenbeiträge. Mit den Gebührenerhöhungen kann sich die FDP anfreunden, denn Gebühren dürfen maximal kostendeckend sein, d.h. wenn sie erhöht werden können, war die Dienstleistung bisher vom Steuerzahler subventioniert. Gebührenerhöhungen kann man auch als Subventionsabbau verstehen, dem wir uns nicht verschließen. Mit den Steuererhöhungen haben wir so unsere Schwierigkeiten. Denn für Verwaltungen ist es sicher einfacher, Mehreinnahmen durch Steuererhöhungen zu erzielen als Kostenreduktion durch effektiveres Handeln. Erst wenn ich überzeugt bin, dass wir eine moderne, effektive, schlanke Verwaltung haben, die kein Kostenreduzierungspotenzial mehr aufweist, und die Einnahmen dennoch nicht reichen, die Ausgaben abzudecken, erst dann würde auch ich für weitere Steuererhöhungen stimmen. Im Moment sehe ich Rödermarks Verwaltung an vielen Stellen nicht als modern, effektiv und schlank an (genauso wenig, wie ich das Gefühl habe, dass daran ernsthaft gearbeitet wird). Ebenso schmerzhaft werden die 21 Mill. weniger Ausgaben werden. Ich habe zwar die Hoffnung, dass die Nichtwiederbesetzung freier Stellen zu Effektivitäts¬steige-rungen in der restlichen Verwaltung führen wird, bin aber diesbezüglich eher skeptisch. Wird das Effizienzpotenzial nicht oder nur teilweise genutzt, muss der tatsächliche Leistungswegfall größer ausfallen. Wegfallen sollen u.a. Hausmeister-tätigkeiten, Reinigungsintervalle, Ordnungsdienste, Kulturelle Veranstaltungen, ein Großteil der direkten Vereinsförderung. Stark reduziert werden soll die Straßenbe-leuchtung, der Winterdienst, die Straßenerhaltung, die Pflege des Straßenbegleit-grüns, die Pflege von Friedhöfen, Spielplätzen und Parkanlagen, die Grabenpflege uvm. Einige der angedachten Sparmaßnahmen sind wirtschaftlich zweifelhaft, da die Kosten, um die zu geringe Wartung in den nächsten 10 Jahren auszugleichen, viel höher sein werden als die Einsparsumme. Im Detail werden viele kleinere Dinge, die jetzt nicht aufgeführt sind, nicht mehr finanziert werden.
Was würde der Wegfall der Hauptamtlichkeit Erster Stadtrat bringen?
Genaue Zahlen sind mir nicht bekannt, ich kann nur schätzen. B2-Besoldung sind rund 6250 € + Zuschläge + Beihilfe + Pensionsrückstellungen + Spesen + Zulagen + Vergünstigungen + Büro + Sachkosten Büro. Da kommt man bestimmt auf über 10.000 € Personalkosten und 2.000 € Sachkosten im Monat. Ein ehrenamtlicher Erster Stadtrat kommt mit Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgeldern, Büro + Sachkosten/Spesen geschätzt auf mindestens 1.500 € Kosten im Monat. Die konkrete Einsparung liegt also in der Größenordnung 130.000 € im Jahr. Wirksam ab Juli 2013, macht bis 2018 etwa 720.000 €. Das sind also rund 2 % der jährlichen Einsparsumme, aber, da die Einsparung ja schon 2013 wirksam wird, 3,4 % der gesamten Konsolidierungssumme. Hört sich auf der einen Seite nicht viel an, auf der anderen Seite könnte man dafür die Einsparungen bei Straßensanierung, Grünpflege oder Vereinsförderung weniger drastisch ausfallen lassen. Zwei weitere Argumente für diese Einsparmaßnahme: Die meisten geplanten Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung sind mehr Wünsche als konkrete Schritte, es sind Schätzungen, die auf vielen unbekannten Variablen aufbauen. Die Abschaffung der Hauptamtlichkeit ist dagegen eine ganz konkrete und sofort wirksame Maßnahme. Zum anderen hängt an der Position des Ersten Stadtrates zurzeit auch ein Vorzimmer mit 2 Mitarbeiterinnen. Diese Personen könnten dann einen Großteil ihrer Arbeit in andere Bereiche verlagern und damit andere Kollegen entlasten, die von den Sparmaßnahmen besonders hart getroffen werden. Ich und meine Partei sehen die Auswirkungen des Wegfalls der Hauptamtlichkeit als deutlich weniger dramatisch an als viele der einzelnen Sparmaßnahmen.
Nichts bleibt so, wie es vorher war, warum sollen dann gerade die politisch besetzten Stellen an der Verwaltungsspitze davon ausgenommen sein? Oben sparen ist angesagt!
Aufgaben des Ersten Stadtrates
Der Erste Stadtrat ist in erster Linie der Stellvertreter des Bürgermeisters. Dies betrifft Vertragsunterzeichnungen, Sitzungsleitungen, Wahrnehmung von Terminen, Ehrungen etc. Diese Dinge kann auch ein Ehrenamtlicher mit dem entsprechenden Zeitbudget wahrnehmen. Daneben kann der Bürgermeister Stadträten die Leitung von Dezernaten antragen. In aller Regel macht er das bei Hauptamtlichen, es gibt allerdings auch genügend Beispiele, wo Ehrenamtliche Dezernate leiten. Welche Dezernate das sind, entscheidet der Bürgermeister. Ehrenamtliche Stadträte brauchen so oder so ein gewisses Zeitbudget für ihre Ehrenamt. Wöchentliche Magistratssitzungen, Stadtverordnetenversammlungen, dazu jede Menge Kommissionen und Ausschüsse, der eine oder andere offizielle Termin als Vertreter der Stadt, dazu viele weitere öffentliche Termine, wo es sich als Stadtrat schickt, dabei zu sein. Da kommen schnell mal 10–15 h pro Woche zusammen. Ganz umsonst macht man das nicht, Aufwandsentschädigung und Sitzungsgelder führen zu rund 500 € monatliche Einnahmen. Übernimmt man ein Dezernat, erhöht sich der Aufwand um geschätzte 5–10 h. Als Vollberufstätiger kann man das kaum leisten. Daher findet man in den Magistraten auch selten Personen mit einer beruflichen´40-Stunden-Woche.
Die Frage, ob ein Ehrenamtlicher den Posten des Ersten Stadtrates ausfüllen kann, inklusive einer Dezernatsverantwortung, lässt sich daher klar beantworten: Ein normaler Arbeitnehmer kann das nicht. Ist man aber bereits im Ruhestand, arbeitet Teilzeit oder hat seine Schäfchen sonst irgendwie bereits im Trocknen, bringt den nötigen Enthusiasmus mit und besitzt im besten Fall schon Verwaltungserfahrung, dann ist das durchaus denkbar. So gibt es einige Gemeinden ähnlicher Größe wie Rödermark, die diesen Weg gehen: höhere Zahl ehrenamtlicher Stadträte, die dann kleine Teilbereiche der Verwaltung führen, so dass keiner überfordert ist.
Man muss außerdem bedenken: Erster Stadtrat ist in aller Regel ein politisch besetzter Posten, d.h. die nominierte Person bringt anfangs selten die benötigten Qualifikationen mit, sei es in Personalführung, in Verwaltungsarbeit, in Personalrecht, in Haushaltsführung. Auch der jetzige Erste Stadtrat Alexander Sturm war in seinen ersten Jahren wenig souverän, hat sich in viele Fettnäpfchen gesetzt und war innerhalb der Verwaltung nicht gerade als führungsstark bekannt. Heute sieht das nach meiner Kenntnis anders aus, erst in den letzten Jahren ist er sein Geld auch in vollem Umfang wert. Bei einem neuen, politisch installierter Ersten Stadtrat würde die Eingewöhnungsphase genau in die Phase des Gesundschrumpfens, des Umbruchs liegen, als 2. Verwaltungschef mit mehreren Verantwortungsbereichen kann er daher mangels Erfahrung sein Geld kaum wert sein. Gerade in diesen kommenden Jahren kann man daher auf die Hauptamtlichkeit verzichten. Zumal von dem Kandidaten der CDU/AL-Koalition ja seit langem gemunkelt wird, dass sein Endziel nicht im Ersten Stadtrat, sondern in der Beerbung von Roland Kern als Bürgermeister liegt. Er wäre also, wenn es gut für ihn läuft, genau am Ende der Eingewöhnungszeit wieder weg vom jetzt angestrebten Posten.
Alles Gründe, die dafür sprechen, jetzt die Chance zu nutzen, die Satzung zu ändern und bis auf Weiteres die Position des Ersten Stadtrates nur noch ehrenamtlich zu führen.
Der Kandidat Jörg Rotter
Zwei Dinge müssen an dieser Stelle deutlich gesagt werden:
1. ist die Motivation der FDP – wie auch der anderen Oppositionsparteien – definitiv nicht personenbezogen. Es gibt einen Wechsel und aus den eben genannten Gründen und unter den bekannten Umständen muss eine Abwägung erfolgen, ob ein hauptamtlicher Erster Stadtrat noch zeitgemäß ist. Das haben wir gemacht mit dem bekannten Ergebnis. Niemand aus der FDP hat sich oder wird sich in irgendeiner Weise zu den Qualifikationen des Kandidaten der Koalition äußern.
2. finde ich es ein Unding, was einige Kommentatoren in den Internetforen mit dem Kandidaten veranstalten. Personenbezogener Spott oder gar Beleidigungen haben an dieser Stelle nichts zu suchen!
Es war und ist nicht unsere Absicht, die Person Jörg Rotter zu beschädigen. Ich gebe gerne zu, ich war anfangs skeptisch, ob er für höhere Aufgaben, sprich Stadtverord¬netenvorsteher, geeignet ist, gebe nun aber genauso gerne zu, dass er diesen Job aus meiner Sicht ausgezeichnet macht: Ruhig, höflich, unparteiisch. Insofern kann ich mir Jörg Rotter auch sehr gut als respektablen Bürgermeisterkandidat mit sehr guten Chancen auf Nachfolge von Roland Kern vorstellen (Natürlich wäre mir ein FDP-Bürgermeister noch etwas lieber, aber ich bezweifle, dass meine Überzeugungskraft ausreicht, die Bevölkerung dazu zu bewegen). Ich sehe auch nicht, dass unser Begehren diesen Weg in irgendeiner Art untergräbt. Es spricht aus meiner Sicht überhaupt nichts gegen einen Ersten Stadtrat und damit Stellvertreter des Bürgermeisters Jörg Rotter. Nur halt auf ehrenamtlicher Basis und nicht als Berufspolitiker.
Laut gedacht
Mehr als die Hälfte der Arbeitszeit des Ersten Stadtrates geht für Sitzungen und repräsentative Aufgaben drauf. Diesen Part kann auch ein ehrenamtlicher Stadtrat übernehmen, hier hat Jörg Rotter sicherlich besondere Qualitäten. Es muss ja auch nicht gleich ein halber Arbeitstag für das Ehrenamt sein. Wenn überall in der Verwaltung gespart wird und es Einschränkungen gibt, gibt es sicherlich auch hohes Verständnis in der Bürgerschaft, wenn der Bürgermeister und seine Stellvertreter nicht mehr bei jedem Jubiläum anwesend sind, nicht mehr jede gesellschaftliche Einladung annehmen. So schafft man sich Zeit für die Führung der Verwaltung, die man in den kommenden Jahren des Umbruchs sicher benötigt. Und wenn man sich die Zusammensetzung des ehrenamtlichen Magistrates anschaut, würde ich als Bürgermeister meine Magistratskollegen doch fragen, ob sie sich folgende Aufgabenteilung vorstellen können: Erster Stadtrat Jörg Rotter als Dezernent für Kinder, Familie und Soziales, Sylvia Baumer als Kulturdezernentin und Sven Sulzmann als Dezernent für Öffentliche Ordnung, alle anderen Dezernate einschließlich der Kämmerei liegen beim Bürgermeister. Ich weiß nicht, ob die genannten Personen das so wollen, aber es wäre zumindest eine sinnvolle Alternative zu zwei Hauptamtlichen an der Verwaltungsspitze der Rettungsschirmkommune Rödermark.
Dr. Rüdiger Werner
Marienstr. 19
6. Februar 2013
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