Meinung

Vernunft setzt ein – FDP setzt sich im Heizungsstreit durch

Ein Positionspapier der Bundes-FDP

Die Systematik des Heizungsgesetzes musste sich ganz grundlegend ändern – und das haben die Freien Demokraten im Deutschen Bundestag erreicht. Die Koalitionsfraktionen haben in ihrer Einigung dazu neue Leitplanken gemeinsam fest vereinbart. Diese Leitplanken stellen eine sinnvolle Beratungsgrundlage für das parlamentarische Verfahren dar. Daher kann dieses nun starten und der Gesetzentwurf in die erste Lesung gegeben werden.

Wesentliche Änderungen des Gesetzentwurfes

Die FDP hat durchgesetzt, dass das bisherige Gesetz vom Kopf auf die Füße gestellt wird. Im Kern – der Frage der Technologieoffenheit – wurde auf Bestreben der FDP eine 180-Grad-Wende erreicht. Die jetzt vereinbarten Leitplanken machen das Gebäudeenergiegesetz (GEG) zu einem Gesetz für technologieoffene Klimaneutralität im Gebäudebereich. Die Koalitionsfraktionen haben sich vor allem auf zwei für die FDP zentrale Prinzipien verständigt:

1.  Wir wollen Klimaneutralität im Gebäudebereich – aber alle Heiz-Technologien, die geeignet sind, CO2-Emissionen im Gebäudesektor zu senken, sind zulässig.

2.  Bevor keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, haben Besitzer von Bestandsimmobilien keine zusätzlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Erst muss der Staat liefern und auf dieser Grundlage können die Bürger entscheiden.

Das heißt, mit der nun erzielten Einigung ist die Voraussetzung geschaffen, dass das Gesetz gut wird. Das bedeutet im Einzelnen:

1)  Es gibt keinerlei weitere Eingriffe in bestehendes Eigentum. Funktionierende Heizungen können ohne Einschränkungen weiterbetrieben und bei Bedarf repariert werden.

2)  Wir stellen echte Technologieoffenheit sicher, scheinbare Technologieoffenheit auf dem Papier reicht uns nicht. Solange keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, gelten beim Heizungstausch die Regeln des GEG nicht. Jeder Immobilieneigentümer kann frei und souverän entscheiden, welche Heizung eingebaut wird.

–     Es gibt keinerlei Einschränkungen für Holz-Heizungen oder Biomethan – weder im Bestand noch im Neubau.

–     Dasselbe gilt für auf Wasserstoff umrüstbare Gasheizungen. Denn jede Heizung muss erlaubt sein, die das Potenzial hat, klimaneutral betrieben zu werden. Einzig in Neubaugebieten muss hierfür bereits jetzt eine kommunale Wärmeplanung vorliegen oder die Heizung bereits heute zu 65% mit Biomasse, Wasserstoff oder seinen Derivaten betrieben werden.

–     Selbstverständlich sind auch der Anschluss an ein kommunales Fernwärmenetz oder der Einbau einer Wärmepumpe Optionen.

3)  Im Bestand – egal ob im Falle einer unreparierbaren Havarie der Heizung oder einem selbstbestimmten Heizungstausch – ist zu differenzieren:

a. Liegt keine kommunale Wärmeplanung vor, ändert sich zunächst einmal nichts und jeder oben genannte Heizungstyp darf weiterhin neu eingebaut werden.

b. Liegt eine Kommunale Wärmeplanung vor,

–     die ein klimaneutrales Gasnetz vorsieht, können neben allen anderen Erfüllungsoptionen auch auf Wasserstoff umrüstbare Gasheizungen eingebaut werden.

–     die kein klimaneutrales Gasnetz vorsieht, dürfen Gasheizungen nur dann weiter eingebaut werden, wenn sie zu 65 % mit Biomasse, Wasserstoff oder seinen Derivaten betrieben werden.

4)  Auf das ursprünglich vorgesehene, umfassende Mikromanagement im GEG wird verzichtet; die vorgesehenen weitgehenden weiteren Sanierungs- oder Umbaupflichten entfallen.

5)  Um Hilfe bei der Einschätzung der jeweiligen Situation vor Ort, der Entwicklung künftiger Kosten mit Blick auf CO2-Preis und Zertifikatehandel und anderer Faktoren zu erhalten, wird es bei einem Neueinbau von Heizungen künftig ein Beratungsangebot geben.

6)  Investiert der Vermieter in eine klimafreundliche Heizung und nutzt die Förderangebote, erhält er Anspruch auf eine weitere Modernisierungsumlage. Auf diese Weise werden Investitionen angereizt und gleichzeitig Mieter entlastet.

7)  Der Staat wird mit Blick auf seine Gebäude die gleichen Pflichten haben wie jeder Private auch. Es wird keine Privilegien für die öffentliche Hand geben.

8)  Die Bundesregierung soll sich in Europa gegen alle über dieses Gesetz hinausgehenden Regelungen, insbesondere Sanierungszwänge und ein Verkaufsverbot für Verbrenner- Heizungen einsetzen.

Über den Zertifikatehandel auf europäischer Ebene erreichen wir unsere Klimaziele sicher. Die Kosten für den Betrieb klimaschädlicher Heizungen werden im Laufe der Zeit steigen. Und das sendet an Haushalte wie Unternehmen das marktwirtschaftliche Signal, dass klimafreundliche Technologien die sinnvollere Lösung sind. Die FDP ist dafür, den Zertifikatehandel national noch vorzuziehen, um diese Wirkung schneller zur Entfaltung zu bringen.

Am ursprünglichen Gesetzentwurf gab es Zweifel, die von der FDP sehr ernst genommen haben. Wir wissen, dass in vielen Einfamilienhäusern in diesem Land die Lebensleistung der Menschen – jahrzehntelange Arbeit, Fleiß und Entbehrungen – steckt. Und auch der berechtigte Stolz auf das Erreichte. Das gilt es im Blick zu behalten, zu würdigen und gleichzeitig gemeinsam die Menschheitsaufgabe Klimaschutz anzugehen. Wir wollen unseren Kindern und Enkeln mit Blick eine lebenswerte Welt zu hinterlassen.

Mit der Lösung zeigen wir: So kann echter Klimaschutz auch beim Heizen ohne Überforderungen gelingen!

Ausblick

Natürlich bleiben weitere Details zu klären. Die FDP will auch die Meinung von Expertinnen und Experten zu dem neuen, ja dann grundlegend veränderten Gesetz hören. In einem ersten Schritt startet nun die parlamentarische Beratung.

Zu diesem Positionspapier ein Kommentar der FDP Rödermark

Der erste Entwurf des Heizungsgesetzes hat gezeigt, dass die Grünen jenseits aller Vernunft ideologiegetrieben agieren. Habeck und seine Ministerialbeamte haben einen Entwurf vorgelegt, der alle Bürger bevormundet, tief in ihre Lebenswirklichkeit eingreift und die Menschen finanziell und technisch überfordert. Es war ihnen völlig egal, ob ein Gebäude mit ihren Vorgaben überhaupt noch sinnvoll beheizbar ist oder nicht. Der Entwurf war nicht technologieoffen, sondern fokussierte sich fast ausschließlich auf die Wärmepumpe. Das diese für die meisten Bestandsgebäude technologisch nicht sinnvoll ist, da Heizkörper eigentlich 70 °C Vorlauftemperatur benötigen und die Heizleistung von Wärmepumpen in Kälteperioden dafür nicht ausreichend ist, und finanziell nicht sinnvoll ist, da selbst bei einem vollständig wärmegedämmten Haus mit Heizkörpern die Stromkosten für die Wärmepumpe signifikant höher liegt als z.B. die bisherigen Gaskosten.

Auch die entscheidende Frage konnte das Habeck’sche Ministerium nicht glaubwürdig beantworten: Wo soll der ganze Strom für die Wärmepumpen herkommen? Bekanntlich haben diese 90 % ihres Strombedarfs im Winterhalbjahr, während 90 % des Solarstroms im Sommerhalbjahr erzeugt wird. Und CO2-neutrale grundlastfähige Stromquellen wie unsere Atomkraftwerke wurden von der Politik ja unsinnigerweise abgeschaltet.

Faktencheck

Ein paar Zahlen, die den Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit verdeutlichen: 2021 hatte Deutschland einen Gesamtenergieverbrauch von 2.407 TWh (Terrawattstunden) (= 2,4 Billionen kWh). Der Stromverbrauch über alle Sektoren lag bei 496 TWh (20,6 % des Gesamtenergieverbrauchs). 2021 wurden davon 41,2 % durch erneuerbare Energieträger zur Verfügung gestellt (2022: 46,2 %). Das sind gerade einmal 205 TWh. Im Verkehrssektor wurden fossile Kraftstoffe mit einer Leistung von 605 TWh verfeuert. Da der Wirkungsgrad von Elektromotoren weit höher ist als der von Verbrennungsmotoren, würden für die gleiche Fahrleistung ausschließlich mit Elektrofahrzeugen etwa 200 TWh Strom benötigt. Für Heizen benötigten die Haushalte, das Gewerbe und die Industrie 647 TWh Erdgas und 196 TWh Erdöl. Würde man den Bestand komplett auf Elektrowärmepumpen umstellen, würden zu deren Betrieb aufgrund der höheren Effizienz der Wärmepumpen noch rund 300 TWh Strom benötigt. Fernwärme erbrachte 2021 in Deutschland eine Heizleistung von 92 TWh. Fernwärme ist heute meist Abwärme aus chemischen Prozessen oder von Kraftwerken, die wiederum Öl, Gas oder Kohle verfeuern. Nur ein Bruchteil stammt z.B. aus der Geothermie. In der Industrie wurden für diverse Prozesse auch noch 115 TWh Kohle verbrannt. Um das Ziel Klimaneutralität mit E-Autos und Wärmepumpen zu erreichen, müsste man also nochmals 800 TWh regenerativen Strom produzieren, das Vierfache dessen, was 2021 produziert wurde. Da der Strom auch nachts und vor allem im Winter benötigt würde, müsste die installierte Stromleistung weitaus höher liegen. Das ist in den Augen der FDP Rödermark unrealistisch und deshalb ist die Technologieoffenheit auch so wichtig.

Eine direkte Stromspeicherung in dem benötigten Ausmaß ist unrealistisch, weil es gar nicht so viele Materialien für den Bau der Akkus gibt, die man dafür benötigen würde. Auch wenn dadurch die Effizienz erheblich sinken wird, erscheint eine Speicherung der Energie durch chemische Umwandlung in Form von Wasserstoff (H2), Ammoniak (NH3) oder Methan am Ende der wirtschaftlichste Weg zu sein, um eine kontinuierliche Bereitstellung von Energie zu gewährsleisten.

Die Position der FDP

Für die FDP war das Habeck’sche Gebäudeenergiegesetz ein Dilemma. Eine so verschiedene Koalition kann dann am besten funktionieren, wenn jede Partei in ihrem Resort ihre Vorstellungen weitgehend umsetzen kann, für ihr Klientel also Erfolge erzielen kann. Im Gegenzug muss sie allerdings einige Kröten in den Ressorts der Koalitionspartner schlucken. So war das GEG ein Deal: Die FDP bekam ihr Verkehrswegebaubeschleunigungsgesetz und die Grünen ihr Heizungsgesetz. Doch der Gesetzentwurf von Habeck war so einseitig und gegen jegliche Vernunft, dass die FDP-Basis Druck machte: ‚Uns rennen verzweifelte Leute hier die Bude ein, ihr da in Berlin könnt dem Gesetz in dieser Form unmöglich zustimmen, dass wäre politisch euer Tod‘. Die Kunst besteht nun darin, den Entwurf inhaltlich grundsätzlich zu korrigieren, ohne die Koalition zu gefährden und den Koalitionspartner zu blamieren.

Die Leitplanken des heute vorgestellten Kompromisses erscheinen auf dem ersten Blick passabel. Für die FDP bleibt der kontinuierlich ansteigende CO2-Preis, der fossile Brennstoffe immer weiter verteuert, der wichtigste Faktor auf dem Weg, ohne fossile Energieträger auszukommen. Es lohnt sich in steigendem Maße für die Bürger auch finanziell, auf erneuerbare Energieträger umzusteigen. Dort, wo eine Umstellung aus technischen Gründen nicht möglich ist, darf nun weiterhin auch eine Verbrennerheizung eingebaut werden – bei dann stetig steigenden Betriebskosten. Der CO2-Preis zusammen mit dem Derivatehandel sind marktwirtschaftliche Instrumente, um das gemeinschaftliche Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Gezielte staatliche Förderungen für Privatpersonen und Gewerbe, direkte Investitionen in klimafreundliche Technologien und die staatliche Förderung derselbigen – aus Sicht der FDP ist das Ziel der Klimaneutralität so erreichbar. Mit Verstand und gemeinsam mit dem Bürger – und ohne ideologiegetriebene Verbote.